Bis zum Start der Heim-EM dauert es noch rund einen Monat. Doch für das Schweizer Frauen-Nationalteam stehen jetzt schon entscheidende Tage an. Gegen Frankreich und Norwegen soll in der Nations League der Abstieg aus der höchsten Liga A vermieden werden. Der Ausgang wird in jedem Fall auch Einfluss auf die Zukunft der Equipe haben. Die Qualifikation für die WM 2027 würde mit einer Relegation deutlich schwieriger werden.
Der Balanceakt, er geht in die nächste Runde. Einerseits braucht Trainerin Pia Sundhage wohl das bestmögliche Team, um Frankreich Paroli zu bieten. Andererseits gilt es auch, weiterhin Erkenntnisse zu gewinnen im Hinblick aufs 23-Frau-Kader für die nahende EM. Ein Luxusproblem, wie Nati-Rekordtorschützin Ana-Maria Crnogorcevic feststellt: «Es ist schön, dass 25 bis 30 Leute um einen Platz kämpfen. Vor 15 Jahren haben sich diese 23 relativ einfach ergeben. Das ist ein grosser Fortschritt.»
Der Klassenerhalt «wäre darum wichtig für den Schweizer Fussball», ist sich Crnogorcevic bewusst. Doch die Seattle-Legionärin weiss auch, wie gut die nächsten Gegnerinnen aus Frankreich besetzt sind. Mit 12 Punkten aus 4 Spielen sind «Les Bleues» in der Nations League noch makellos. Was zugleich bedeutet: Frankreichs Qualifikation für das Final-Four-Turnier ist bereits fix. Vielleicht nutzt die «Équipe tricolore» das Duell mit der Schweiz, um Spielerinnen aus der zweiten Reihe zu testen.
Erst sensationell, dann chancenlos
Crnogorcevic war dabei, als man beim Test in Genf im Oktober letzten Jahres einen sensationellen 2:1-Erfolg feierte. Sie erlebte aber auch auf dem Feld mit, wie chancenlos man vor knapp 2 Monaten in St. Gallen gegen denselben Gegner war. Bei den Französinnen hatten einige zuvor abwesende Top-Spielerinnen wie Sandy Baltimore, Selma Bacha oder Marie-Antoinette Katoto den Weg zurück auf die Kaderliste gefunden. Und schon war wieder ein Klassenunterschied ersichtlich.
Letzte Duelle
Wie sieht die polyvalente Routinierin ihre Rolle am Freitag in Nancy? «Zuletzt habe ich auf dem Flügel gespielt. Ich habe aber mit Pia darüber gesprochen, in der Abwehr ein Backup zu sein.» Da die gesetzte Luana Bühler verletzt ausfällt, muss sich Trainerin Sundhage tatsächlich Gedanken über die Aufstellung im Defensivverbund machen. Auch eine Reihe weiter vorne: «Noemi Ivelj war zuletzt angeschlagen. Wir müssen weiterhin Dinge ausprobieren», erläutert die Schwedin.
Rückkehrerinnen, Goalies, Bühler-Ersatz: Sundhages viele Fragezeichen
Es ist nur eine von vielen Fragen, die sich im Hinblick auf den Freitag stellt. Wie geht Sundhage mit den Rückkehrerinnen Riola Xhemaili, Alisha Lehmann und Coumba Sow um? Die Trainerin lässt sich nicht in die Karten schauen, auch nicht bei der Goalie-Frage. Die nominelle Nummer 1, Elvira Herzog, patzte zuletzt im Nati-Trikot. Livia Peng hingegen blickt auf eine überragende Saison zurück – Berufung ins kicker-Team der Saison inklusive.
Sundhage muss in ihrer Aufstellung innert kürzester Zeit ein Gleichgewicht finden: zwischen stabilisierender Erfahrung und unberechenbarer Jugend. Zwischen Formstärke und Zuverlässigkeit, solider Defensive und gefährlicher Offensive. Es ist und bleibt: ein Balanceakt.