Renato Steffen bestätigt das Klischee im Gespräch auf Anhieb: Fussballer spielen lieber als sie trainieren. Das sei vor allem zu Beginn der Saison so, sagt der Profi des VfL Wolfsburg. «Aber je länger die Saison dauert, desto anstrengender wird es», so Steffen. «Irgendwann kommt ein Punkt, an dem morgens nach dem Aufstehen immer die Beine schmerzen.»
Intensive Saisons wegen Corona
Gerade in den letzten zwei Saisons waren pandemiebedingt mehr Spiele in weniger Zeit zu bestreiten. Im Gegensatz zu anderen Sportarten wird im Fussball das ganze Jahr über gespielt. Was banal klingen mag, ist für die Belastung relevant, erklärt der Leistungsphysiologe der Schweizer Nationalmannschaft, Markus Tschopp: «Wenn eine gewisse Belastung immer wieder auftaucht, bedeutet das für den Körper auch einen gewissen Stress. Das kann zu einer Überbelastung oder auch zu einer sogenannten Untererholung führen.»
Auch Renato Steffen kennt solche Situationen: «Ich brauchte über zwanzig Minuten, bis ich in Fahrt gekommen bin», so der 29-Jährige. «Dann musst du als Spieler ehrlich sein und dem Trainer mitteilen, dass du am Anschlag bist und eine Auszeit brauchst.»
Das Signal des eigenen Körpers
Das sei der Moment, an dem ein Spieler bereits nahe an der «roten Linie» ist. So nennt Tschopp eine sich ankündigende Überbelastung. «Die Reaktion des Körpers auf eine Belastung ist eine sehr zentrale Information. Irgendwann wird es zu viel. Dann ist es keine Müdigkeit mehr, sondern es sind bereits Schmerzen oder Beschwerden.»
Genau dies versucht Tschopp in seiner Arbeit als Leistungsphysiologe zu verhindern, indem er die Belastungen der Spieler genau analysiert und steuert.
Nebst Beschwerden und Belastung kommt bei den Fussballern der Faktor Beachtung hinzu. Die gesteigerte Aufmerksamkeit – von Zuschauern und (sozialen) Medien – und das Ausgestelltsein sind für Steffen nicht zu unterschätzen: «Für mich ist der psychische Druck grösser als der Leistungsdruck auf dem Platz. Das darf man nicht vergessen, wenn man uns Fussballern nachsagt, wir seien verwöhnt.» Verwöhnte Fussballer? Dieses Klischee bestätigt Renato Steffen nicht.