Erster Meistertitel - Wie aus «Vizekusen» Bayer «Neverlusen» wurde
Bayer Leverkusen hat mit dem Gewinn des ersten Meistertitels in der Klubgeschichte das schmerzvolle Kapitel der bitteren Niederlagen endlich geschlossen.
Dass ausgerechnet Bayer Leverkusen das grosse Bayern München nach 11 Titeln in Folge entthronen würde, hätte vor der Saison kaum jemand für möglich gehalten. Denn nach der Meisterschale hatte die «Werkself» zuletzt vor über zwei Jahrzehnten ernsthaft gegriffen.
In der Saison 1999/2000 verspielte Leverkusen als Leader den Titel am letzten Spieltag mit einer Pleite gegen den Münchner Vorort-Klub Unterhaching. Der Mythos «Vizekusen» war geboren. 2001/2002 klassierte sich das Team um Captain Michael Ballack 1 Punkt hinter Dortmund auf Platz 2. Weil in jenem Frühling auch noch die Endspiele im DFB-Pokal und in der Champions League verloren gingen, prägte sich dieser Begriff ins Bewusstsein der Fussball-Welt ein. Den Spottbegriff liess das Unternehmen Bayer beim deutschen Patentamt in München gar als Marke schützen.
Die Eckpfeiler der Leverkusener Meistermannschaft:
Bayer auf Rekordjagd
Dieses Stigma hat die Truppe um Trainer Xabi Alonso nun eindrücklich abgelegt. Bereits 5 Runden vor Schluss steht Leverkusen erstmals als Deutscher Meister fest. DFB-Sportdirektor Rudi Völler, selber langjähriger Bayer-Funktionär, freut dies besonders: «Den Begriff ‹Vizekusen› habe ich noch nie leiden können – jetzt ist er Geschichte und das absolut zurecht.»
Statt Häme zu ernten, könnte sich der Klub nun bald einen Superlativ einverleiben. Der Ex-Bundesliga-Stürmer Jan-Aage Fjörtoft hat «Vizekusen» schon mal in «Neverlusen» umgetauft. Bis zum Ende der Saison ungeschlagen zu bleiben, also eine «unbefleckte Empfängnis zu bestaunen» (
Süddeutsche Zeitung
), haben nicht einmal die Bayern geschafft.
Bayer Leverkusen im Porträt
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Der Klub aus der rund 165'000 Einwohner zählenden Stadt in Nordrhein-Westfalen gehört zu den Traditionsmannschaften der Bundesliga. 1904 unter dem Namen
Turn- und Spielverein der Farbenfabriken vormals Friedrich Bayer & Co.
gegründet, stieg
Leverkusen 1979 in die Bundesliga auf und ist seitdem ohne Unterbrechung in der höchsten Spielklasse vertreten (was sonst nur Bayern und Dortmund gelang).
Aufgrund der engen Bindung an den Chemie- und Pharmakonzern Bayer AG und weil bis in die 1970er Jahre noch ein Grossteil der Spieler im Werk beschäftigt wurde, wird das Team auch als Werkself bezeichnet.
Seit 1999 gehört der Fussball-Klub komplett der Bayer AG. Weil sie den Verein zuvor mehr als 20 Jahre lang gefördert hatte, durfte sie entgegen der 50+1-Regel alle Anteile übernehmen
Die grössten Erfolge:
Gewinn Uefa Cup 1988
Gewinn DFB-Pokal 1993
Finalist Champions League 2002
Deutscher Meister 2023/24
Die BayArena, die Heimstätte von Bayer Leverkusen, fasst 30'210 Plätze. Sie war in dieser Saison 9 Mal ausverkauft (15 Ligaspiele).
Alonso als Glücksgriff
Die Frage stellt sich unweigerlich: Wer hat dieser Mannschaft das Sieger-Gen eingeimpft? Da wäre einmal Manager Fernando Carro zu nennen, der seit dem 1. Juli 2018 hauptverantwortlich die Geschäftsführung übernahm. Vor 2 Jahren stiess dann Simon Rolfes als Nachfolger von Rudi Völler dazu. Als der Klub Anfang Oktober 2022 auf den vorletzten Tabellenplatz abgerutscht war, entliess man den zuvor erfolgreichen Coach Gerardo Seoane und ersetzte ihn durch den Spanier Xabi Alonso.
Der mutige Entscheid (Alonso hatte noch nie die 1. Mannschaft eines Profi-Teams trainiert) sollte sich als Glücksgriff erweisen. Die Winner-Mentalität des Welt- und Europameisters sowie Champions-League-Siegers übertrug sich auf die Spieler. So gilt der Baske denn auch als Gesicht des Erfolgs. «Er hat aus einer sehr guten Mannschaft eine überragende Mannschaft geformt. Er ist ein überragender Trainer», schwärmt Völler.
Xhaka und Co. oder die gute Transfer-Politik
Ohne die geschickten Transfers im letzten Sommer hätte aber wohl auch Alonso Leverkusen nicht zum Titel führen können. Mit Granit Xhaka (von Arsenal) holte man einen Leader, mit Stürmer Victor Boniface (von Saint-Gilloise) einen Goalgetter und mit Alejandro Grimaldo (von Benfica Lissabon) vielleicht die Entdeckung der Bundesliga-Saison. Der 20-jährige Florian Wirtz, eines der deutschen Top-Talente, hat zudem die Schwelle zum Weltklasse-Spieler erreicht.
Die Reise könnte Bayer sogar noch weiter führen. Das Triple aus Liga, DFB-Pokal (Final gegen Zweitligist Kaiserslautern am 25. Mai) und Europa League (Viertelfinal gegen West Ham; 2:0-Sieg im Hinspiel) ist immer noch möglich. Wer keine Spiele verliert, holt auch alle Titel. So einfach ist das.
SRF zwei, Super League – Highlights, 13.04.2024, 22:35 Uhr
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ste/agenturen
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