Ganze 6 Siege auf fremdem Terrain bei nur 3 Heimerfolgen: Das Pfingstwochenende in der Bundesliga hat eine Tendenz bestätigt, die sich über alle 4 gespielten Runden durchgezogen hat.
Insgesamt stehen 8 Heimsiege 18 Auswärtssiegen gegenüber. Das sah vor der Corona-Pause für Heimteams noch wesentlich rosiger aus: In 9 Spielen pro Runde war der Sieger durchschnittlich 3,75 Mal auch Gastgeber. Mit 1,75 hat sich dieser Wert nun stark reduziert.
Du schiesst aufs Tor, machst einen Top-Pass, ein Tor – und nichts passiert. Das ist sehr, sehr komisch.
Was viele Fussball-Beobachter, darunter auch Ottmar Hitzfeld gegenüber SRF , prognostiziert haben, ist eingetreten: Der Heimvorteil ist ohne Fans kleiner, wenn nicht sogar gar nicht mehr vorhanden.
Zuschauer fehlen: im Kopf und auf dem Papier
Die Wissenschaft zeigt sich da deckungsgleich: Seit 2002 hat der englische Wirtschaftsprofessor James Reade zusammen mit Forscherkollegen knapp 200 Geisterspiele analysiert – und ist dabei auf dieselbe Erkenntnis gekommen: Ohne Zuschauer fehlt der 12. Mann, und der Heimvorteil fällt weg.
Unmittelbar nach dem Re-Start hatten die Protagonisten in der Bundesliga unisono die fehlenden Zuschauer beklagt:
- Christian Streich (Freiburg-Trainer): «Es ist traurig, dass die Leute nicht im Stadion sind. Das ist nichts auf Dauer.»
- Lucien Favre (Dortmund-Trainer): «Du schiesst aufs Tor, machst einen Top-Pass, ein Tor – und nichts passiert. Das ist sehr, sehr komisch. Unser Publikum fehlt uns sehr. Es ist ein ganz anderes Spiel als sonst.»
Dass der Applaus und damit die Bestätigung der Zuschauer fehlen, wurde ebenfalls häufig moniert. Es sei in diesen Zeiten schwieriger zu realisieren, dass es sich um einen Ernstkampf und nicht um ein Freundschaftsspiel handle.
Immerhin: Taktische Absprachen sind nun einfacher geworden. So meinte Favre: «Ich empfinde es als positiv, dass die Spieler mich als Trainer im Stadion jetzt besser hören können. Normalerweise verstehen mich immer nur meine Aussenspieler.»
Spezialfall Schweiz mit Kunstrasen
Ob auch in der Schweiz der Heimvorteil wegfallen wird, wissen wir in wenigen Wochen: Ab dem 20. Juni wird die unterbrochene Meisterschaft wieder aufgenommen, ebenfalls ohne Zuschauer. Allerdings gibt es in Stadien wie in Bern oder Thun mit der Kunstrasen-Unterlage noch einen weiteren Aspekt, der Teams bevorteilen kann.