Das Gros der Schweizer Spieler hat in der abgelaufenen Bundesliga-Meisterschaft «solide Qualitätsarbeit» abgeliefert. So lautet ein pauschales Urteil von Peter Knäbel. Regelrecht ins Schwärmen gerät der Fussball-Experte von SRF Sport, wenn die Rede auf Ruben Vargas kommt.
Der 21-jährigen Offensivkraft vom FC Augsburg attestiert Knäbel ein «bemerkenswertes» Rookie-Jahr in Deutschland. Der Szenenkenner, der seit April 2018 als technischer Leiter von Schalkes Nachwuchsabteilung in der Verantwortung steht, nennt aber auch Verlierer und erteilt den Sorgenkindern Ratschläge.
Die Zahlen zu den Schweizer Söldnern in der Saison 2019/20
Knäbel hat für SRF Sport eine Einzelkritik zu allen 18 im Einsatz gestandenen Schweizern vorgenommen. Und er hat in Eigenregie auch noch einen unerwarteten Oscar-Gewinner gekürt.
Lesen Sie sich durch das verschriftlichte Notenblatt des 53-Jährigen über Bürki, Akanji, Zakaria, Vargas und Co.
Tor
Roman Bürki (29), Dortmund:
«Ein Führungsspieler, der immens an Ausstrahlung gewonnen hat. Was noch fehlt, ist der Titel.»
Marwin Hitz (32), Dortmund:
«Ein etablierter Bundesliga-Keeper. Das grosse Aber: mit eindeutiger Ersatzrolle. Diese füllt er indes jederzeit verlässlich aus.»
Yvon Mvogo (26), Leipzig:
«Er muss dringend raus aus der sportlichen Sackgasse. Mvogo hat viel wertvolle Entwicklungszeit verloren, in der sich das unzweifelhaft vorhandene Talent hätte bewähren können.»
Yann Sommer (31), Mönchengladbach:
«Eine Identifikationsfigur bei Gladbach und stilprägend für den Aufstieg der Borussen in die Champions League. Genauso wie Bürki mit hoher Spielqualität und nur wenigen Ausrutschern.»
Mr. Understatement! Seine grosse Qualität bemerkt man vor allem dann, wenn er fehlt.
Defensive
Manuel Akanji (24), Dortmund:
«Etabliert. Wäre auf dem Weg weiter nach oben (Leader) fast ins Abseits geraten. Konnte dies dank seiner Qualität verhindern und steht vor einem richtungsweisenden Jahr in Dortmund.»
Nico Elvedi (23), Mönchengladbach:
«Mr. Understatement, enorm zuverlässig mit ganz geringer Fehlerquote. Seine grosse Qualität bemerkt man vor allem dann, wenn er fehlt. Noch sehr jung und deshalb auch noch mit Luft nach oben. Der nächste Schritt will aber sehr präzise geplant sein.»
Michael Lang (29), Bremen:
«Ein nachvollziehbarer Wechsel, der in der Sackgasse endete. Er braucht Spielpraxis und Vertrauen – welches er dann zuverlässig zurückzahlen würde. Lang steht an einer wichtigen Karriere-Kreuzung.»
Kevin Mbabu (25), Wolfsburg:
«Hat sich jetzt schon etabliert und befindet sich auf dem Weg weiter nach oben. Enormer Fleiss und Ausdauer haben ihm geholfen, sich in seinem ersten Bundesliga-Jahr durchzusetzen. Wenn er das in der kommenden Saison bestätigt, ist noch Platz auf dem Weg nach oben.»
Stephan Lichtsteiner (36), Augsburg:
«Seine grossartige Karriere hat ein würdiges Ende verdient. In Augsburg als Teilzeitspieler war dies nicht möglich, hoffentlich an einem anderen, neuen Ort.»
Mittelfeld
Edimilson Fernandes (24), Mainz:
«Wurde auf dem vielversprechenden Weg, sich zu bewähren, durch eine Verletzung gestoppt. In der Rückrunde mit vielen Teilzeit-Einsätzen und mit einem wichtigen Tor zum Klassenerhalt gegen Werder Bremen. Dies ist hoffentlich ein gutes Signal, dass er nach den Wanderjahren in England und Italien seine sportliche Heimat gefunden hat.»
Gelson Fernandes (33), Frankfurt:
«Ihm verleihe ich den Ehren-Oscar für die Top-Karriere eines vorbildlichen Sportsmannes mit ansteckend positiver Persönlichkeit. Die sportlich unbefriedigende Saison mit vielen Verletzungen (vor allem in der Rückrunde) kann und darf den Blick dafür nicht trüben.»
Djibril Sow (23), Frankfurt:
«Konnte sich im zweiten Anlauf etablieren. Was in Gladbach im ersten Anlauf nicht gelang, scheint in Frankfurt zu funktionieren. Auf dem Weg zum wichtigen Ankerspieler im Frankfurter Spiel.»
Denis Zakaria (23), Mönchengladbach:
«Als Gladbachs Defensiv- und Aggressivleader eine Führungsfigur. Zakaria hat mit Marco Rose jetzt auch noch einen Trainer, für dessen Spiel er wie gemacht ist. Die Champions-League-Qualifikation und die grosse Schweizer Community sind sicher ein gutes Argument für Gladbach, um ihn zu halten.»
Der spät Berufene und spät Erkannte.
Steven Zuber (28), Hoffenheim:
«Er musste nach verletzungsbedingt verpasster Hinrunde langen Anlauf nehmen, der durch Corona noch einmal unterbrochen wurde. Danach zwischen Stamm- und Ersatzkraft, aber immer mit Einsatzminuten. Allein seine Einstellung und Variabilität machen ihn für Hoffenheim wertvoll.»
Angriff
Breel Embolo (23), Mönchengladbach:
«Hat einen wichtigen Karriere-Korrekturschnitt hinter sich, wenngleich er in Gladbach namhafte, junge und auch hochwertige Konkurrenz hat. Er zeigte zum Saisonfinale, dass auf ihn absolut Verlass ist. Ohne Verletzung und mit guter Vorbereitung könnte auch ein nächster Schritt vorwärts möglich sein.»
Admir Mehmedi (29), Wolfsburg:
«Etabliert, aber aktuell nicht unverzichtbar – wie das Saisonfinale zeigte. Die nächste Vertragsunterschrift wird zeigen, wohin die Reise sportlich geht.»
Renato Steffen (28), Wolfsburg:
«Der spät Berufene und spät Erkannte. Er hat sich nicht nur etabliert, sondern unter Trainer Oliver Glasner in Wolfsburg dank noch grösserer Effizienz (im Vergleich zum Vorjahr) zu einem verlässlichen Offensivspieler entwickelt.»
Ruben Vargas (21), Augsburg:
«Der Senkrechtstarter! Die Wahl Augsburg war eine kluge Karriere-Entscheidung. Bei zwei unterschiedlichen Trainern immer gespielt (mit Ausnahme einer Gelbsperre, die er absitzen musste). Wenn er diese Zahlen, insbesondere die Torgefahr, im zweiten Jahr bestätigt, werden ganz andere Angebote eintreffen. Hoffentlich bleiben er und sein Umfeld ruhig. Vargas wäre zu wünschen, dass er so klug wie zu Beginn der abgelaufenen Saison entscheidet.»