René Weiler zog vorzeitig einen Schlussstrich. Er beendete sein Engagement bei Al Ahly Kairo , reiste am vergangenen Donnerstag heim in die Schweiz. «Der Grund ist relativ einfach», erklärt der Zürcher im «sportpanorama». «Corona hat auch in Kairo Einzug gehalten. Ich habe meine Familie seit Februar genau einmal gesehen, als ich im Juni mit einem Privatflieger in die Schweiz kam.»
Wegen der unklaren Zukunft habe er sich daraufhin eine Ausstiegsklausel in den Vertrag schreiben lassen, und sei zum Entschluss gekommen, Ägypten aus familiären Gründen den Rücken zu kehren.
In Kairo Spuren hinterlassen
Weiler verliess ein Projekt, an dessen Erfolg er massgeblich beteiligt war. Vor gut einem Jahr hatte er die Stelle angetreten und die Mannschaft zum 42. Meistertitel geführt. Zudem stand er mit den Ägyptern im Halbfinal der afrikanischen Champions League, wo das Duell mit Casablanca noch aussteht. «Der Entscheid war schwierig. Ich wollte die Saison beenden, wir hatten bis dahin einen guten Job gemacht.»
Weiler blickt mit Wehmut zurück, manche Umstände waren aber auch anstrengend. «Der Klub ist riesig, das ist unglaublich. Ein privates Leben hatte ich nicht. Ich konnte nicht auswärts essen gehen», sagt der 47-Jährige. Wenn er seine Familie am Flughafen abholen wollte, hätte er sich verkleiden müssen. «Aber die Leute haben mich selbst so noch erkannt.»
Ein privates Leben hatte ich nicht.
«Die Dimension, die Wucht dieses Vereins ist unbeschreiblich. Wenn man es nicht selber erlebt, kann man sich das nicht vorstellen. Es war sehr anstrengend.» Auch die unterschiedliche Kultur und die klimatischen Unterschiede hätten Weiler zu schaffen gemacht.
Ein Erlebnis während seiner Trainerzeit in Kairo ging Weiler extrem nahe. Geschehen ist es bei einem Auswärtsspiel in Khartum im Sudan. «Ich möchte mich daran gar nicht erinnern», sagt Weiler.
«Meine Kollegen und ich hatten Angst um unser Leben. Es war ein entscheidender Match, wir brauchten ein Unentschieden, lagen 1:0 in Führung. Eine Viertelstunde vor Schluss gab es einen Abstoss für uns, die Heimfans wollten einen Corner – nach dem angeblichen Fehlentscheid haben sie den Platz gestürmt. Da kamen Dinge von den Tribünen geflogen, das kann man sich gar nicht vorstellen!»
Nach dem Spiel hätte die Mannschaft zwei Stunden in der Kabine ausharren müssen, «wir wurden von einem riesigen Polizeiaufgebot beschützt, die hatten Sturmgewehre, die ich nicht einmal in Kriegsfilmen gesehen habe.»