Als Luis Diaz den Ball zum zweiten Mal ins brasilianische Tor gewuchtet hatte, verlor Vater Luis Manuel überwältigt von den Emotionen fast das Bewusstsein. In Tränen aufgelöst kämpfte der Senior auf der Tribüne sichtlich gegen die Ohnmacht. Sein Entführungsfall , der die Fussballwelt über Kolumbien hinaus bis zum vergangenen Donnerstag zwölf Tage in Atem gehalten hatte, erlebte ein hollywoodreifes Happy End.
«Das Leben macht dich stark und mutig», sagte ein emotionaler Doppeltorschütze Diaz, «ich widme den Sieg dem Volk, das ihn verdient hat.» Zum ersten Mal im 15. WM-Quali-Spiel hatten die «Cafeteros» den grossen Rivalen Brasilien besiegt. Diaz (75., 79.) drehte das Spiel nach der Führung durch Gabriel Martinelli (4.) im Alleingang.
«Es lebe die Freiheit»
Die wichtigere Geschichte dieses Spiels war aber eine andere. Sie hatte eine besondere Bedeutung für Diaz, dessen Familie, das Team, ja vielleicht sogar das ganze Land. Don Manuel, erst kürzlich aus den Händen der Guerilla-Gruppe ELN befreit, rief doppelt erleichtert am Mikrofon von Noticias Caracol : «Es lebe die Freiheit, es lebe der Frieden in Kolumbien.»
Diaz' Eltern waren am 28. Oktober von bewaffneten Männern auf Motorrädern an einer Tankstelle in der Stadt Barrancas nahe der venezolanischen Grenze entführt worden. Während die Mutter des Nationalspielers noch am selben Tag befreit werden konnte, hielt die Guerilla-Gruppe den Vater weiter fest.
«Es waren schwierige Momente», sagte Sohn Luis, der bei Liverpool auf Torejagd geht. Auch Brasiliens Schlussmann Alisson Becker war die Tragweite der Geschehnisse bewusst. Seinen Liverpooler Klubkollegen nahm Becker nach Schlusspfiff symbolisch innig in die Arme und meinte anschliessend: «In diesen Stunden ist Fussball nur Nebensache.»