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FCZ-Präsident im Interview Canepa: «Sind noch Lichtjahre von YB und Basel entfernt»

Der FCZ-Präsident spricht im Interview über verpasste Ziele, (fast) vergessene Erfolge und seine Geduld mit Trainer Magnin.

Am Mittwoch empfängt der FCZ Basel zum Klassiker (ab 19:40 Uhr live SRF zwei). Die beiden Teams haben in den letzten 10 Jahren sehr unterschiedliche Entwicklungen durchgemacht.

Während Basel nach dem letzten Titel des FCZ 2009 anschliessend 8 Mal in Folge Meister wurde, mussten die Zürcher gar einen Abstieg verdauen. Letztmals waren die Limmatstädter 2011 in den Titelkampf involviert gewesen.

SRF Sport: Ancillo Canepa, die Wege von Basel und FCZ könnten in den letzten Jahren kaum unterschiedlicher verlaufen sein. Wann genau hat der FCZ den Anschluss verpasst?

Ancillo Canepa: Es ist ja nicht so, dass Basel 8 Jahre lang durchmarschiert ist. Das waren teilweise enge Zweikämpfe mit YB, GC oder uns. Aber klar, Basel hat eine sehr erfolgreiche Periode erlebt. Sie waren im Europacup erfolgreich und konnten sehr viele Mittel generieren. Aber jede erfolgreiche Ära geht einmal zu Ende und jetzt befindet sich die Liga in einer Phase der Umwälzung. Wir sind jedoch noch nicht wieder auf Augenhöhe mit Basel.

Jetzt haben Sie vor allem über Basel gesprochen. Gab es Dinge, die der FCZ hätte besser machen können oder müssen?

Das lässt sich nicht so leicht sagen. Jede Saison war anders, andere Ausgangslagen, andere Kader, andere Trainer, andere Sportchefs. Jedes Mal, wenn die sportlichen Erwartungen nicht erfüllt werden konnten, gab es andere Gründe dafür. Nichtsdestrotrotz darf man das auch von der anderen Seite anschauen. Wir waren in diesen 10 Jahren 5 Mal in der Gruppenphase im Europacup und gewannen 3 Mal den Schweizer Cup. Aber in der Meisterschaft haben wir jeweils nicht das erreicht, was wir uns vorgenommen haben.

Den 4. Platz belegen wir nur deshalb, weil sich alle anderen Teams ebenfalls gegenseitig Punkte wegnehmen.

Aktuell liegt der FCZ auf Platz 4. Wiederspiegelt das die aktuellen Möglichkeiten des Klubs?

Hier stellt sich die Frage, welche Ziele man hat. Unser Ziel war von Beginn weg klar: Wir wollen mindestens Dritter werden. In den letzten Wochen hatten wir eine Baisse. Den 4. Platz belegen wir nur deshalb, weil sich alle anderen Teams ebenfalls gegenseitig Punkte wegnehmen. Unser Ziel bleibt aber das gleiche.

Macht der Weg von YB Mut, dass auch einst der FCZ wieder ein Herausforderer im Kampf um den Meistertitel wird?

Man muss schon sehen, dass YB andere Möglichkeiten im finanziellen Bereich hatte. Da sind wir fast Lichtjahre von YB und Basel entfernt. Unser Konzept bleibt das gleiche: Das Hauptgerüst unserer Mannschaft soll aus eigenen Spielern bestehen. Natürlich braucht es auch immer wieder Verstärkungen von ausserhalb. Momentan besteht aber mehr als die Hälfte des Kaders aus eigenen Spielern, das soll auch in Zukunft so bleiben.

Liegt mit diesem Weg mehr als Platz 3 überhaupt drin?

Das ist eine berechtigte Frage. Wir wollen die eigenen Jungen so lange wie möglich im Klub behalten. Aber gerade in der Schweiz ist es natürlich so, dass die Talentiertesten irgendwann ins Ausland transferiert werden. Aber wenn wir das Team zusammenhalten können, dann bin ich überzeugt, dass auch mit dem FCZ wieder einiges möglich ist.

Wir sind alle nicht zufrieden. Nicht der Trainer, nicht der Sportchef, auch nicht die Mannschaft.

Es scheint, als wäre vor allem die Konstanz abhandengekommen. So auch in dieser Saison. Nie gab es mehr als 2 Siege am Stück. Liegt hier das grösste Problem?

Es ist sicher so, dass wir in dieser Saison noch keine Serie starten konnten. Es gibt auch noch andere Gründe, wir hatten verletzte Schlüsselspieler und teilweise in kurzer Zeit sehr viele Spiele. Aber das soll weder eine Entschuldigung noch eine Ausrede sein, schliesslich spielen wir die ganze Saison dafür, im Europacup dabei zu sein. Wir sind alle nicht zufrieden. Nicht der Trainer, nicht der Sportchef, auch nicht die Mannschaft. Aber die Zuversicht ist noch immer da, dass wir irgendwann den Rank noch finden.

Auch von Trainer Ludovic Magnin erhoffte man sich viel. Der FCZ wollte unberechenbarer werden, so spielen wie seinerzeit unter Lucien Favre. Davon ist man doch ein Stück entfernt ...

Von der Idee und der Philosophie her gesehen gebe ich Ihnen Recht. Schliesslich haben wir Ludovic deswegen geholt, auch weil er gut mit den Jungen umgehen kann und den Mut hat, diese auch zu bringen. Aber es braucht auch Zeit und Geduld.

Wir sind auch durchaus in der Lage, Basel zu schlagen.

Wie lange hält Ihre Geduld noch an?

Eigentlich bin ich ein sehr geduldiger Mensch. Wenn die Geduld aufgebraucht ist, reagiere ich schnell. Aber das hat nichts mit der aktuellen Situation zu tun. Ich bin hundertprotzentig überzeugt, dass wir eine gute Zukunft haben. Ich sehe, wie tagtäglich gearbeitet und trainiert wird. Da machen alle einen guten Job.

Ancillo Canepa

FCZ-Präsident

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Am 11. Dezember 2006 trat Ancillo Canepa die Nachfolge von Sven Hotz als FCZ-Präsident an. Unter seiner Führung gewannen die Zürcher 2007 und 2009 den Meistertitel und 2014, 2016 und 2018 den Cup.

Am Mittwoch kommt der FC Basel in den Letzigrund. In den letzten 3 Heimspielen gegen Basel gab es 2 Remis und einen Sieg. Zumindest punktuell scheint der FCZ Basel also wieder fordern zu können …

Wir sind auch durchaus in der Lage, Basel zu schlagen (lacht). Ich erinnere mich an ein paar enge Spiele in letzter Zeit. Aber die Ausgangslage ist klar, Basel ist Favorit. Doch Spiele gegen Basel sind wie Derbys und wir sind überzeugt, dass wir was reissen können.

Die nächsten 3 Spiele geht es gegen Basel, GC und YB. Diese Partien dürften Aufschluss darüber geben, wo der FCZ steht und wohin die Reise in dieser Saison noch führen kann. Sehen Sie das auch so?

Wenn wir die nächsten 3 Spiele gewinnen, dann bin ich sehr optimistisch, wohin die Reise geht (lacht). Spass beiseite, in der Meisterschaft ist alles so eng beieinander, ich befürchte, dass es bis zur letzten Runde noch um Sein oder Nichtsein gehen wird. Egal, wie die nächsten 3, 4 Spiele ausgehen.

Das Gespräch führte Daniel Bossi

Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 30.03.2019, 19:45 Uhr.

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