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Gar nicht nach Gusto der Chefs Da ist sie wieder: Die YB-Alltagsfratze

Die Champions-League-Sternstunde der Young Boys ist schön und gut: Aber jetzt muss das Liga-Schlusslicht endlich wachgerüttelt werden.

Am letzten Dienstagabend noch zog Christoph Spycher vor seinen Spielern den Hut. Er attestierte ihnen, wie schon 6 Tage zuvor, eine «herausragende Leistung». Zunächst der 3:2-Heimsieg in der Tranche 1 der Playoffs und in der Folge die Bestätigung mit dem 1:0-Coup bei Galatasaray Istanbul führten die Young Boys zum 4. Mal in der Klubgeschichte in die Champions League. Die Mannschaft habe sich dieses Husarenstück absolut verdient, dies steht für den Miteigentümer, der im Verwaltungsrat für die sportlichen Belange zuständig ist, ausser Frage.

Der 46-Jährige musste aber auch konstatieren, dass «Gelb-Schwarz» rund 100 Stunden später im Wankdorf durch seine nächste Reifeprüfung gerasselt ist. Denn zurück im Alltag der Super League, verpasste der Meister im nun bereits 6. Anlauf seinen 1. Saisonsieg auf dieser Bühne abermals und duselte sich trotz schmeichelhaftem Pausenvorsprung gegen Lausanne-Sport nur zu einem 1:1-Unentschieden .

«Nein, keine Charakterfrage, aber ...»

Spycher ärgert dieser unfassbare Kontrast sichtlich: da das Sonntagsgesicht in der «Königsklasse», dort die hässliche Fratze im sportlichen Alltag. «Jeder Spieler auf dem Platz war ungenügend», sprach er im SRF-Pauseninterview Klartext. Und zu diesem Zeitpunkt hatten seine Farben ja noch knapp mit 1:0 geführt ...

«Das Schwierigste an unserem Job ist, mental im 3- bis 4-Tages-Rhythmus auf den Punkt bereit zu sein – unabhängig vom Drumherum und ungeachtet des Gegners.» Dieser Forderung aber können seine Young Boys aktuell nicht nachkommen. Ist dies eine Frage des Charakters, Christoph Spycher? «Nein, dies lassen wir nicht auf unsere Spieler kommen», antwortete der Angesprochene und führt dann weiter aus, «aber es geht darum, dass die Führungsspieler voraus gehen, dass sie Verantwortung übernehmen und klare Signale aussenden.»

Von dieser Sorte habe es einige im Kader. Also jene, die ausreichend Erfahrung mitbringen würden, um gerade solche Situationen zu meistern. Spycher klammert dabei Rotsünder Tanguy Zoukrou mit Jahrgang 2003, der aus der Ligue 2 gekommen ist, bewusst aus.

In sich gehen und die richtigen Fragen stellen

Nach Spielschluss war Sportchef Steve von Bergen verständlicherweise noch etwas mehr angesäuert. Es sei in den vergangenen Tagen viel über die Champions League gesprochen worden, über die Vorfreude auf Barcelona und Inter. «Die Realität aber ist diese Meisterschaft, und paradox ist, dass wir hier Letzter sind.»

Der frühere Profi verlangt von seinem Team nun schleunigst eine andere Mentalität. Die Natipause sei dazu da, dass sich jeder Einzelne hinterfrage. Es gelte zu reflektieren und zu überlegen, wie man sich besser in den Dienst der Mannschaft stellen könne. «Denn heute haben wir nicht als Equipe funktioniert», haderte Von Bergen am Samstagabend.

Für YB geht es am 14. September weiter mit der Pflichtaufgabe im Schweizer Cup bei Vevey. Danach betreten die Berner am 17. September zur Lancierung der Ligaphase die CL-Bühne und treffen vor eigenem Anhang auf Aston Villa. In der Meisterschaft wartet am 22. September auswärts mit Winterthur das Ex-Team von YB-Trainer Patrick Rahmen. Es wird dies das Aufeinandertreffen zwischen dem Vorletzten und Letzten der Tabelle sein. Und YB tut gut daran, künftig nicht mehr zwei Gesichter zu zeigen.

Service zur Super League

SRF zwei, «Super League-Highlights», 31.08.2024 22:35 Uhr ; 

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