Was sich schon am 1. Spieltag und nach einem 4:0 gegen den damaligen Meister Zürich angedeutet hatte, ist nach der 31. Runde Tatsache: Die Young Boys sind in der Saison 2022/23 wieder das Mass aller Dinge im Schweizer Fussball und sichern sich dank dem 5:1 gegen Luzern den 16. Titel der Klubgeschichte.
Wirklich spannend machten es die Berner in dieser Saison nie. Nur am 7. Spieltag stand der frischgebackene Meister nicht auf dem 1. Tabellenplatz. Nach einem 1:2 in St. Gallen grüssten die «Espen» kurzzeitig von der Spitze – ein kleiner Makel, der nur Statistik-Nerds interessiert.
Dabei lohnt sich ein Blick auf weitere Zahlen der YB-Saison:
- Bollwerk: Nur viermal kassierte YB in der Meisterschaft mehr als 1 Gegentor. 26 sind es mit der Partie gegen Luzern bis zum 31. Spieltag. Nur Basel (37) hat auch weniger als 40 kassiert.
- Serien-Nicht-Verlierer: Neben der Niederlage gegen St. Gallen verlor «Gelb-Schwarz» nur noch gegen Servette und GC. Aus den restlichen 28 Partien resultierten 18 Siege und 10 Unentschieden.
- Tormaschine: Mit 75 Treffern stellt YB auch den besten Sturm der Liga. Kein anderes Team kommt auch nur annähernd an die Berner heran.
Dass der Meistertitel nie in Gefahr geriet, verdankt YB auch der Konkurrenz. Wohl noch nie war die Schweizer Meisterschaft derart ausgeglichen – allerdings eben nur vom 2. Tabellenplatz an abwärts. Bezeichnend war dabei auch, wie YB auf die 1:2-Niederlage gegen Servette am 26. Spieltag reagierte: Nur 3 Wochen später kanterte man den ersten Verfolger mit 6:1 aus dem Wankdorf.
So bestand die Kunst von Raphael Wicky auf dem Weg zu seinem ersten Titel als Trainer mehr darin, das Luxuskader zu moderieren. Nach dem Out in den Playoffs zur Conference League gegen Anderlecht im August war es eine wahre Kunst, das für das europäische Geschäft konzipierte Team ohne europäischen Fussball bei Laune zu halten. Der Walliser tat es mit Bravour.
Itten oder Nsame: Wer spielt, trifft
Gerade im Sturmzentrum balg(t)en sich mit dem zweifachen Torschützenkönig Jean-Pierre Nsame und Super-League-Rückkehrer Cedric Itten zwei ähnliche Spielertypen um eine Position. Dass das Duo an der Spitze der Torschützenliste steht und trotzdem keine Misstöne zu hören waren, ist ebenso bemerkenswert, wie die Situation um Filip Ugrinic und Kastriot Imeri. Die beiden waren im Sommer aus Luzern und Genf geholt worden, wo sie absolute Leistungsträger waren. In Bern mussten sie sich indes hinten anstellen. Erst im Sommer dürfte ihre Zeit kommen.
Apropos Sommer: Wie schon in den letzten Jahren dürften auch heuer wieder einige Leistungsträger die Berner Richtung Ausland verlassen und dabei Geld in die Kassen spülen. Prädestiniert dafür sind etwa Mittelfeldjuwel Fabian Rieder oder Abwehrchef Cédric Zesiger.
Der nächste Titel ist schon in Sicht
YB muss darob aber nicht bange werden. Die besonnene sportliche Führung um Christoph Spycher, den Gesamtverantwortlichen des Bereichs Sport, und Sportchef Steve von Bergen hat ja bereits im letzten Sommer vorgesorgt und mögliche Lücken gestopft. Mit diesem Kader sollte in der nächsten Kampagne auch auf europäischer Ebene wieder etwas drinliegen.
Bis es soweit ist, bietet sich dem neuen Meister die Chance auf das 3. Double der Klub-Geschichte nach 1957/58 und 2019/20. Gegner am 4. Juni im Cupfinal wird Titelverteidiger Lugano sein. YB geht sicher nicht als Aussenseiter ins Endspiel.
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Bild 1 von 7. Fabian Rieder (21), Mittelfeld. Das Juwel im YB-Kader. Erst 21-jährig, ist Rieder der Denker und Lenker im offensiven Mittelfeld der Berner. Und torgefährlich: 7 Treffer und 5 Vorlagen zeugen davon. Gab im November an der WM in Katar sein Nati-Debüt. Ist mit einem Marktwert von 12 Millionen Euro der wertvollste YB-Akteur. Sein Vertrag läuft noch bis 2025. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 2 von 7. Cedric Itten (26), Sturm. Wurde im Sommer 2022 von den Glasgow Rangers verpflichtet. Der Basler brauchte null Anlaufzeit in Bern und traf in der 1. Runde 14 Minuten nach seiner Einwechslung erstmals. Mit 18 Toren und 8 Torvorlagen ist Itten im Moment der beste Torschütze und Vorlagengeber der Liga. Auch Itten ist langfristig gebunden. Bildquelle: Freshfocus/Claudio De Capitani.
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Bild 3 von 7. Jean-Pierre Nsame (29), Sturm. Die Berner Tormaschine könnte zum 3. Mal nach 2019/20 und 2020/21 der Torschützenkönig der Super League werden. Mit seinen aktuell 18 Saisontreffern hat der Rückkehrer nach seinem kurzen Italien-Intermezzo grossen Anteil am Meistertitel. In seiner 5. YB-Saison kommt Nsame der Marke von 100 SL-Toren immer näher (aktuell 96). Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 4 von 7. Cédric Zesiger (24), Abwehr. In seiner 4. Saison in der Hauptstadt hat sich Zesiger als unumstrittener YB-Abwehrchef etabliert. Er dirigiert an der Seite von Fabian Lustenberger oder Aurèle Amenda den Defensiv-Verbund. Es ist nicht zuletzt sein Verdienst, dass YB die beste Abwehr hat. Sein Vertrag läuft noch bis 2025, gut möglich aber, dass Zesiger den Sprung ins Ausland wagt. Bildquelle: Freshfocus/Urs Lindt.
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Bild 5 von 7. Das Goalie-Duo. Kurz vor der Winterpause verletzte sich Stammkeeper David von Ballmoos schwer am Knie und musste später operiert werden. Aber auch sein Ersatz Anthony Racioppi (im Bild oben) machte seine Sache sehr gut. Nur gegen den FCZ (2:2) und Servette (1:2) musste er sich mehr als einmal bezwingen lassen. Auch im Tor ist YB meisterlich besetzt. Bildquelle: Freshfocus/Claudio De Capitani.
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Bild 6 von 7. Die sportliche Führung. Dass YB mit einem Team zum Titel stürmte, das dem Rest der Liga überlegen war, ist das Verdienst von Christoph Spycher und Steve von Bergen. Spycher gab das Amt des Sportchefs im Sommer an Von Bergen ab, blieb aber Gesamtverantwortlicher des Bereichs Sport. Das Duo tätigte auch vor dieser Saison entscheidende Transfers – wie jenen von Cedric Itten. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 7 von 7. Der Trainer. Nach einer sportlich wenig erfolgreichen Saison übernahm im Sommer Raphael Wicky (46) den Trainerposten bei YB. Der Walliser stabilisierte die Mannschaft umgehend. Einzig nach dem 7. Spieltag stand man während einer Woche nicht auf Platz 1. Zudem gelang es ihm, die Stars bei Laune zu halten, auch wenn diese die Bank drücken mussten. Bildquelle: Keystone/Peter Schneider.