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Presseschau Schweiz – Portugal «Und Nielsen tat interessanterweise: nichts»

Vom Feuerwerk zum lauen Lüftchen: Die heimischen Medien gehen mit der Nati und Trainer Nielsen nach dem Remis gegen Portugal hart ins Gericht.

  • NZZ: Der rasche Einbruch, der untätige Nielsen

«Der Einbruch kam rasch – und er war heftig. Ab dem Seitenwechsel wirkte es, als hätte jemand den Schweizerinnen den Stecker gezogen. Sie verfielen in eine eigenartige Passivität und fanden kaum noch aus der eigenen Platzhälfte heraus. Ihnen fehlte plötzlich die Ordnung – und irgendwie auch das Selbstvertrauen. Nach dem Anschlusstreffer durch Gomes in der 59. Minute versammelten sich die Spielerinnen im Halbkreis und schienen sich gegenseitig zu beschwören – die Wortführerin Wälti forderte mehr Aggressivität und Kompaktheit. Sechs Minuten später fiel der Ausgleich. Der Nationaltrainer Nielsen tat in dieser ausgedehnten Schwächephase interessanterweise: nichts.»

  •  Tagesanzeiger: Fast schon unverschämtes Glück

«Glück haben sie schon. Fast schon unverschämtes Glück. Es laufen die Schlussminuten, Telma Encarnação kommt nochmals zum Abschluss und trifft nur den Pfosten. Es wäre das 2:3 gewesen aus Schweizer Sicht und damit quasi das Ende aller Viertelfinal-Träume. Und das, obwohl alles so gut begonnen hatte.

Eine Halbzeit lang hat die Schweiz die schnellen portugiesischen Offensivspielerinnen zwar im Griff, überlässt ihnen aber viele Spielanteile. Das rächt sich mit zunehmender Spieldauer, als Portugal im Mittelfeld umstellt, mit einer zweiten Sechserin die Schweizerinnen überfordert. Den zunehmenden portugiesischen Druck spürt auch Nielsen an der Seitenlinie. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld, dem x-ten, schlägt er die Hände an den Hinterkopf, lehnt mit seinem Körper nach hinten. Es ist auffällig, wie schnell er danach wieder Ruhe ausstrahlen will. Möglicherweise zu viel Ruhe.»

Zeitungsausschnitte
Legende: «Enttäuschung», «verpuffte Energie», «geplatzter Traum» Nicht nur bei der Nati, sondern auch in den Schweizer Medien ist die Enttäuschung nach dem Remis gegen Portugal sichtbar. SRF
  •  Blick: Unerklärliche lange Bälle

«Portugal ist geschockt. Die Schweiz feiert. ‹Schwiizer Nati›-Gesänge von den Tribünen. «Ein super Start», sagt Stürmerin Ramona Bachmann, ‹nicht nur wegen der Tore. Wir waren von der ersten Minute präsent.› Doch statt nach dem 2:0 weiter nach vorne zu spielen, beschränkt sich die Nati plötzlich nur noch auf die Defensive. ‹Ich kann nicht erklären, weshalb wir plötzlich nur noch lange Bälle gespielt haben›, sagt Nielsen nach Spielschluss.

Dann kommt’s aber knüppeldick für die Schweiz: Plötzlich rennen Wälti, Sow & Co nur noch Ball und Gegnerinnen nach. Gegentore? Nur eine Frage der Zeit! […] Die Schweiz hat sogar Glück, dass sie nicht in Rückstand gerät. Auch dass sie noch in Vollbestand fertig spielt. Sowohl Aigbogun und Calligaris dürften sich bei einem Spielausschluss nicht beklagen.»

  • Aargauer Zeitung: Nach dem Feuerwerk ein laues Lüftchen

«Es war ein grosses Schweizer Feuerwerk zum Start. Doch was danach an diesem Samstagabend-Spiel zum schweizerischen EM-Autakt folgen sollte, war nur noch ein laues Lüftchen. Die Schweizerinnen wurden immer passiver, überliessen das Spielgeschehen dem Gegner und holten nur einen Punkt. Tatsächlich war es insgesamt ein enttäuschender Auftritt des Schweizer Nationalteams. Es war nie sichtbar, dass die Schweiz in diesem Duell mit den beiden Aussenseitern in der EM-Gruppe C auf dem Papier über das stärkere Team verfügte.»

  •   Watson: Unordnung statt Kontrolle

«Das Worst-Case-Szenario tritt nicht ein, Gaëlle Thalmann pariert. Die Schweizer Torhüterin ist in dieser Phase aber viel mehr gefordert, als ihr lieb ist – und wie es zu Beginn den Anschein gemacht hatte. Statt Kontrolle schlich sich bald einmal eine Unordnung ins Schweizer Spiel. Unordnung, die bestraft wurde. Weder beim Tor von Diana Gomes noch beim Ausgleichstreffer durch Jessica Silva stimmte die Zuordnung in der Defensive, sodass die Schweizerinnen einmal mehr aufgezeigt bekamen, das Fehler nicht nur von Topteams wie Deutschland oder England bestraft werden, sondern auch von solchen, die sich etwa auf demselben Niveau bewegen.»

  • Publico: Portugals Systemwechsel

«Zwei Schläge in den Magen, die Portugal erschüttert haben. Die technische Qualität von Spielerinnen wie Ana Borges, Diana Silva und Jéssica Silva schien damals eine Geisel der grösseren athletischen Kraft der Schweizerinnen zu sein. Das portugiesische Team hatte im 4-3-3-System in der ersten Phase des Aufbaus Zeit und Raum zur Entscheidung, konnte aber den Weg zum gegnerischen Strafraum nicht finden.

Mehr Ball, mehr Kontrolle, aber ohne grosse Objektivität. Eine Veränderung war notwendig, um die Intensität zu erhöhen und mehr Risiken einzugehen. Und genau das geschah in der zweiten Halbzeit. Portugal bewegte sich nach vorne, zirkulierte mit mehr Tempo und zermürbte die Schweiz, mal mit tiefen Angriffsbewegungen, mal mit der Suche nach der Breite für Flanken.»

SRF zwei, sportlive, 9.7.2022, 17:15 Uhr ; 

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