Dank dem dramatischen Viertelfinalsieg gegen Norwegen am vergangenen Mittwoch dürfen die italienischen Fussballerinnen ihren ersten Halbfinal an einer Women's EURO seit 28 Jahren bestreiten.
Und wie bereits am vergangenen Mittwoch wird das Team von Trainer Andrea Soncin erneut im Stade de Genève antreten. Der Halbfinal gegen die Titelverteidigerinnen aus England wird für Italien schon die dritte Partie in dieser Spielstätte sein. Bereits das zweite Gruppenspiel gegen Portugal (1:1) fand in der Westschweiz statt.
«England-freies» Kader
Nun steht für die Italienerinnen der ultimative Test gegen die Engländerinnen an. Diesen Test gehen die Südländerinnen mit einem beinahe einzigartig zusammengestellten Aufgebot an.
Denn Italien ist neben Portugal das einzige Team an dieser EM, bei welchem keine einzige Spielerin im Kader in der englischen Profi-Liga engagiert ist. Mit Ausnahme von Arianna Caruso (Bayern München) verdienen sämtliche Spielerinnen ihr Geld in der heimischen Serie A Femminile.
EM 2009 als gutes Omen
England ist in diesem Halbfinal zu favorisieren, obschon die Bilanz beider Teams ausgeglichen ist. In 16 Spielen resultierten je sieben Siege sowie zwei Remis. In den letzten fünf Begegnungen (allesamt Freundschaftsspiele) konnten die Italienerinnen aber nicht mehr gewinnen.
Hoffnung könnte Italien aber das letzte Aufeinandertreffen an einer EM-Endrunde machen. An der EURO 2009 in Finnland rangen die Italienerinnen die späteren Finalistinnen England im ersten Gruppenspiel mit 2:1 nieder.
Meilenstein für den italienischen Frauenfussball?
Die Bedeutung eines möglichen Finaleinzugs geht aber über den sportlichen Erfolg hinaus. Dessen sind sich Italiens Fussballerinnen bewusst: «Wir legen unsere Kraft rein und die von allen Frauen und Mädchen, die Fussball spielen wollen», sagte Stürmerin Sofia Cantore der Gazzetta dello Sport.
Der Frauenfussball in Italien ist zwar auf einem aufsteigenden Ast, hat aber einen steinigen Weg hinter sich. Jahrelang wurde der Frauenfussball in der Kategorie «Amateure» gelistet, erst im Jahr 2022 wurde der Beruf Fussballerin als solcher anerkannt.
Die 25-Jährige Cantore, die an diesem Turnier bereits zwei Vorlagen lieferte, weiss, was der Frauenfussball in Italien durchgemacht hat: «Ich kenne diese Geschichten von stundenlangen Busfahrten, dem Mittagessen an der Autobahnraststätte und den anschliessenden Spielen am Nachmittag.» Ein möglicher Finaleinzug könnte dem italienischen Frauenfussball weiter Auftrieb verleihen und dafür sorgen, dass solche Szenen bald in Vergessenheit geraten können.