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Ein Erlebnisbericht aus Tokio Geschwitzt, gejubelt, genossen

Die Leichtathletik-WM in Tokio war ein Fest. Schwülheisse Temperaturen und lautstarke Fans inklusive.

«Ich freue mich nicht nur für mich, sondern vor allem auch für Tokio.» Diesen Satz schnappe ich auf, als ich am Abend der 200-m-Finals durch die Interview-Zone im Stadionbauch schlendere. Die Worte stammen von Weltmeister Noah Lyles, der gewohnt lässig – Nagelschuhe um den Hals hängend – den zahlreichen Reporterinnen und Reportern Rede und Antwort steht.

Der grosse Sprintstar, der neben der Bahn fast schon klein und schmächtig wirkt, spricht damit aus, worüber sich World-Athletics-Präsident Sebastian Coe schon vor Beginn der Leichtathletik-WM gefreut hatte: Endlich hat Japan seine «Festspiele»! Die grosse Party war eigentlich bereits für Olympia 2020 geplant gewesen, doch dann kam Corona. Erst wurden die Spiele um ein Jahr verschoben, schliesslich fanden sie ohne Fans statt.

Tokio in WM-Stimmung? Nur im Stadion

Wie schade das damals war, zeigte sich an dieser WM. Im äusserst schmucken, über 60'000 Fans fassenden Japan National Stadium, war die Stimmung an allen Wettkampftagen ausgelassen. Diese Begeisterung überrascht insofern, als dass ich in 11 Tagen Tokio keinen einzigen Hinweis auf diese WM gesehen habe. Banner, Werbetafeln, Flyer – Fehlanzeige. Im Stadion selbst war es aber wie auch sonst überall in der Millionen-Metropole: Farbig, laut, bisweilen etwas konfus.

Kein Halten gab es, wenn japanische Athleten und Athletinnen im Einsatz standen. Die Leistung? Zweitrangig. Die Unterstützung? Fantastisch. So peitschten die Fans beispielsweise 400-m-Läufer Yuki Nakajima regelrecht in den Final. Das Interview musste der gute Mann anschliessend im Sitzen geben, da ihn die Beine nach dieser Parforce-Leistung kurzzeitig im Stich liessen.

Juki Nakajima.
Legende: Am Ende seiner Kräfte Yuki Nakajima. imago images/AFLOSPORT

Ich lehne mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass dieser «Kollaps» auch mit der schwülen Hitze zu tun hatte. Diese war vor allem an den WM-Tagen 5 und 6 kaum auszuhalten. Wie die Athleten in der Lage sind, unter diesen Bedingungen solche Leistungen abzurufen, ist mir schleierhaft. Für mich war ein kurzer Sprint ins Mediencenter bereits einer zu viel. Oder anders formuliert: Schade hatte ich keine Ersatzkleidung dabei.

Ventilatoren-Weste wird zum «Lebensretter»

Es verwundert deshalb nicht, dass im Verlauf der WM immer mehr internationale Techniker und Journalisten mit einer Art «Ventilatoren-Weste» unterwegs waren. Diese japanische Erfindung mit eingebautem Kühlsystem war erst nur ein Hingucker und wurde schnell zum Renner.

Apropos rennen: Das tat auch Ditaji Kambundji – und wie! Der WM-Titel der Hürdensprinterin war das unbestrittene Highlight aus Schweizer Sicht. Auch als die Bernerin rund anderthalb Stunden nach ihrem Exploit im Stadionbauch noch Interviews gab, kam sie aus dem Strahlen kaum heraus.

Kambundji und die spezielle Zahl

Und als sie nach dem Medien-Marathon ihre Unterschrift an die Wand setzte, wo sich alle Medaillengewinner verewigten, ergänzte sie ihr «Autogramm» mit einer Zahl: 12,24 – ihr neuer Landesrekord. Ob dieser bis zur nächsten WM in Peking 2027 Bestand haben wird?

SRF zwei, sportlive, 21.09.2025, 12:35 Uhr

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