Mit ihrem Sieg über 100 m Hürden hat Ditaji Kambundji Schweizer Sportgeschichte geschrieben. Nur: Allzu viel weiss die Bernerin vom Rennen ihres Lebens nicht mehr. «Ich habe nicht sehr viele Eindrücke vom Rennen, von denen ich berichten kann», so die 23-Jährige. Gegen hinten raus habe sie sogar den Stadionspeaker gehört. «Das war etwas komisch. Aber ich dachte: ‹ah, ich bin vorne. Okay, gehen wir mal weiter›».
Minuten nach ihrem Gold-Coup war Kambundji beim Interview noch völlig von der Rolle, irgendwo zwischen unbändiger Freude, unheimlichem Stolz, aber auch etwas Ungläubigkeit. Sie habe immer davon geredet, dass ihre bisherige Bestzeit von 12,40 Sekunden nicht mehr ihren eigenen Ansprüchen entspricht. «Heute habe ich mir gesagt, es ist mein Rennen. Und ich konnte es umsetzen.»
WM-Gold als vorläufige Krönung
Bereits in jungen Jahren hat Kambundji ihr Potential an Freiluft-Grossanlässen auf die Bahn gebracht. Sie wurde U20- und U23 Europameisterin, ehe sie 2022 in München erstmals bei den Erwachsenen zuschlagen konnte und EM-Bronze gewann. Ein Jahr später holte sie in Istanbul auch in der Halle EM-Bronze.
Das aktuelle Jahr ist für sie das bisher erfolgreichste. Nach EM-Gold und WM-Silber in der Halle steht sie in Tokio bereits zum dritten Mal in dieser Saison auf dem Podest. «Ich habe mir nie eine Limite gesetzt. Ich habe nie gedacht, es sei nicht möglich», sagte Kambundji nach ihrem Gold-Lauf am späten Montagabend Ortszeit.
Noch scheint die jüngere Schwester der derzeit schwangeren Sprinterin Mujinga Kambundji ihre Grenze nicht erreicht zu haben. Sie ist erst 23 Jahre alt. Im Final in Tokio war keine jünger.
Dass ihre Eltern den weiten Weg nach Japan angetreten haben und beim bisher grössten Moment ihrer Karriere dabei sein konnten, macht es für die Bernerin noch spezieller. «Ich bin so dankbar. Sie feiern das richtig ab, geniessen es richtig. Es ist schön, ihnen diese Freude zu bringen.»
Für die Kambundjis schliesst sich im Olympiastadion von Tokio gewissermassen auch ein Kreis. Während Mujinga an den Sommerspielen gleich drei Finals erreichte (100 m, 200 m, 4x100 m), schied Ditaji Kambundji in den Vorläufen über 100 m Hürden aus. Ihre Zeit damals: 13,17 Sekunden. 4 Jahre später ist sie die erste Schweizer Weltmeisterin der Leichtathletik-Geschichte.