Jede internationale Sportveranstaltung sorgt zwangsläufig für politische Nebengeräusche. In London steht die venezolanische Dreispringerin Yulimar Rojas für eine solche Geschichte. Nach dem historischen ersten WM-Gold für die geschundene Nation rief sie:
Ich hoffe, diese Medaille bringt meinem Land etwas Glück. Und dass dieser Krieg zwischen venezolanischen Brüdern und Schwestern endlich endet.
Venezuela versinkt im Chaos. Die Wirtschaft ist in dem Land mit den grössten Erdöl-Reserven kollabiert. Die politische Krise mündete in bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Bei Protesten starben über 100 Menschen. Solch märchenhafte Erfolge von Rojas und Stabhochspringerin Robeilys Peinado, die kurz zuvor Bronze gewonnen hatte, sind kleine, aber unendlich wichtige Lichtblicke.
So äusserte sich auch Rojas zur Situation in ihrer Heimat:
Es tut mir so leid, was daheim passiert. Venezuela ist ein wunderbares Land, das immer gut zu mir war.
In der Leichtathletik-Welt war Venezuela lange ein Zwergstaat, im Schatten des mittlerweile auch wirtschaftlich besser gestellten Nachbarn Kolumbien. Vor den Titelkämpfen in London war ein 8. Platz von 1500-m-Läufer Eduard Villanueva 2011 in Daegu das beste WM-Ergebnis gewesen. Am Montagabend nun lag Venezuela auf Platz 5 des Medaillenspiegels, vor China, Grossbritannien, Deutschland.
Mich macht das alles so stolz: Dass ich meinen Freunden, meiner Familie, meinen Landsleuten Freude bereiten konnte. Ich hoffe, es reicht daheim zu einer kleinen Party.
Mit ihrem London-Gold wollte sich ausgerechnet Venezuelas umstrittener Präsident Nicolas Maduro schmücken: «Welch grosser Stolz, den Sieg unserer Yulimar Rojas zu sehen, dieser glorreichen Sportlerin einer goldenen Generation», twitterte der Staatschef. Darauf angesprochen, wurde die Weltmeisterin nachdenklich:
Ich will nicht darüber reden, weil es ein sehr empfindliches Thema ist. Ich möchte darüber sprechen, was hier heute passiert ist, wie wichtig das für Venezuela ist.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 7.8.2017, 19:55 Uhr