Simon Ehammer war als Jahresweltbester und mit dem klaren Ziel nach Eugene gereist, als Zehnkämpfer eine WM-Medaille im Weitsprung zu gewinnen. Und der Appenzeller lieferte. Mit einem Satz auf 8,16 m sicherte sich der 22-Jährige Bronze bei den Spezialisten .
Philipp Bandi, Chef Leistungssport bei Swiss Athletics, sagt zu Ehammers Coup: «Man kann Simons Leistung nicht hoch genug bewerten.» Das trifft es ziemlich gut. Denn: Wie selten Schweizer Medaillengewinne bei Weltmeisterschaften sind, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher. Ehammer ist nach Kugelstösser Werner Günthör (3xGold), 800-m-Läufer André Bucher (1xGold), Langhürdler Marcel Schelbert (1xBronze) und Marathonläufer Viktor Röthlin (1xBronze) erst der 5. Schweizer Mann, der WM-Edelmetall gewinnt.
Seit dem letzten Männer-Coup (Röthlin 2007) vergingen 15 Jahre, die letzte Medaille in einer technischen Disziplin (Günthör 1993) ist eine halbe Ewigkeit her. Mit seinen 22 Jahren ist Ehammer jünger als all seine männlichen Vorgänger bei ihren Medaillengewinnen. Unterboten wird er jedoch von einer Frau: Anita Weyermann war 1997 bei ihrem Bronzelauf über 1500 m erst 19-jährig.
An der EM wird der Spiess umgedreht
So schwierig das Unterfangen WM-Edelmetall auch ist – wirklich überrascht kann man von Ehammers Auftritt nicht sein. Denn bislang ist seine noch junge Karriere eine einzige Erfolgsgeschichte. Und das – man kann es in Eugene leicht vergessen – in zwei Disziplinen. Ein Auszug aus Ehammers Palmarès:
- 2018: Bronze an der U20-WM im Zehnkampf
- 2019: Gold an der U20-EM in Zehnkampf
- 2021: Gold an der U23-EM im Weitsprung
- 2022: Silber an der Hallen-WM im Siebenkampf
- 2022: Bronze an der WM im Weitsprung
- 2022: Schweizer Rekorde im Siebenkampf (Halle; 6363 Punkte), Zehnkampf (8377 Punkte) und Weitsprung (8,45 m)
- 2022: Weltbestleistung im Weitsprung im Rahmen eines Mehrkampfs (8,45 m)
Wenn man bedenkt, dass Ehammer als Zehnkämpfer im Vergleich mit den Spezialisten nur einen Bruchteil der Zeit für das Weitsprung-Training aufwenden kann, macht das seinen Erfolg nur noch eindrücklicher. Der Entscheid, in Eugene den Zehnkampf auszulassen und voll auf die Karte Weitsprung zu setzen, war richtig. In 3 Wochen an der EM in München wird es Ehammer umgekehrt machen und zugunsten des Mehrkampfs auf den Weitsprung verzichten. 2023 bei der WM in Budapest will der Appenzeller dann erstmals in beiden Disziplinen an den Start gehen.
Ehammer als Wegbereiter für Kambundji und Co.?
Dank Ehammers Bronze-Sprung bei seiner ersten Outdoor-WM bei den «Grossen» hat Swiss Athletics bereits am 2. Wettkampftag die angestrebte Medaille eingefahren. «Damit haben wir in unseren kühnsten Träumen nicht gerechnet. Alles, was jetzt noch kommt, ist Zugabe», sagt Bandi und fügt an: «Das gibt Auftrieb für alle.» Ehammer als Wegbereiter für Mujinga Kambundji und Co. – warum nicht?