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SRF-Experte über Turnverband Schweizer: «Die Kultur im Turnsport muss hinterfragt werden»

SRF-Turnexperte Roman Schweizer äussert sich über die Turbulenzen beim Schweizerischen Turnverband und den Abgang von Sportchef Felix Stingelin.

Schon im Sommer war der Schweizerische Turnverband STV wegen missbräuchlichen Trainingsmethoden in der Rhythmischen Gymnastik in die Schlagzeilen geraten. Am letzten Samstag sorgte ein Artikel im Magazin des TagesAnzeiger erneut für Furore. Acht Ex-Athletinnen aus der Rhythmischen Gymnastik und dem Kunstturnen erhoben schwere Vorwürfe.

Als Konsequenz erfolgte am Mittwoch die Trennung des STV von Spitzensport-Chef Felix Stingelin. Zudem soll künftig eine Ethikkommission dafür sorgen, dass es nicht mehr zu solchen Fällen kommt.

SRF-Turnexperte Roman Schweizer ordnet die Geschehnisse rund um den STV ein. Der ehemalige Spitzenturner spricht über ...

  • ... die fragwürdigen Trainingsmethoden: «Ich war selber 6 Jahre in Magglingen, war Profisportler und habe 30 Stunden in der Halle trainiert. Und ich habe an den Wettkämpfen auch gesehen, wie die anderen Nationen trainieren. Vom Stil her ist es überall ziemlich ähnlich. Es ist sehr hart und der Grat ist immer sehr schmal. Aber die Umgangsformen sind zum Teil sehr altbacken, es wird Druck auf die Athletinnen und Athleten ausgeübt. Da gilt es, sich zu verbessern, es muss ein anderer Trainingsstil gefunden werden. Egal in welchem Alter die Athletin ist. Es soll ein Zusammenarbeiten sein.»

Man konnte sich einfach nicht mehr rechtfertigen, dass es Einzelfälle sind.
Autor: Roman Schweizer SRF-Turnexperte

  • ... die Freistellung von Stingelin: «Es war für mich kein überraschender Schritt. Der Druck auf den Zentralverband des STV ist so gross geworden, dass man irgendwie reagieren musste. Es rumort extrem beim STV. Die Vorwürfe über die letzten Monate sind so gross geworden, dass man jetzt einfach möglichst schnell zu einem Entscheid kommen musste.»
  • ... den Zeitpunkt dieses Entscheides: «Man konnte sich einfach nicht mehr rechtfertigen, dass es ein Einzelfall ist. Der STV ist auf zahlreiche Vorwürfe von Athletinnen, Trainern oder kantonalen Verbänden, die gesagt haben, dass etwas nicht richtig läuft, nicht eingegangen und hat sich ein Stück weit versteckt. Mit dem Schritt, Stingelin zu entlassen, wurde ein Zeichen gesetzt, dass man das nicht länger dulden will.»

  • ... das weitere Vorgehen: «Es ist jetzt einmal ein Anfang. Es wird noch grosse Diskussionen geben. Die Kultur im Turnsport wird hinterfragt werden. Die Art und Weise, wie ein Trainer in der Halle mit den Athletinnen umgeht, wird diskutiert werden müssen. Der Turnverband muss ganz grundlegende Diskussionen intern führen. Das wird noch grössere Kreise ziehen.»

Es braucht viel mehr Frühwarnsysteme.
Autor: Roman Schweizer SRF-Turnexperte

  • ... die Rolle der neugeschaffenen Ethikkommission: «Es ist ein guter Schritt, den der STV mit dieser Ethikkommission vorhat. Es ist eine neue externe Kommission. Ich hoffe einfach sehr, dass sie auch wirklich unabhängig ist. Es ist ein gutes, ein notwendiges Zeichen. Es braucht viel mehr Frühwarnsysteme. Es ist einfach so, dass die jungen Frauen mit 14 oder 15 nach Magglingen gehen und das ein sehr heikles Alter ist. Man muss da im System wirklich grundlegende Fragen stellen.»

Hinweis der Redaktion: Der STV wollte auf Anfrage von SRF Sport am Donnerstag zu den Vorwürfen noch keine Stellung beziehen, kündigte am Abend in einem offenen Brief aber eine unabhängige Untersuchung an.

SRF zwei, sportflash, 2.11.2020, 20 Uhr ; 

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