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Simone Biles.
Legende: Nach 2 Jahren zurück auf der grossen Bühne Simone Biles. Imago

Von der Turnerin zur Ikone Biles' Sprung in neue Sphären

Die amerikanische Überfliegerin ist auch abseits der Wettkampfstätten in neue Dimensionen vorgedrungen.

Es gibt diese magischen Momente. Momente, in denen man schlagartig weiss, dass etwas so Grosses geschehen ist, dass das Bisherige aus den Fugen gerät. Ein solcher Moment war der erste Auftritt von Simone Biles in der Qualifikation an den Kunstturn-Weltmeisterschaften in Doha: Ihr Sprung.

Auf der Anzeigetafel leuchtete die Zahl 6,400 auf. Ein unfassbar hoher Schwierigkeitsgrad. Biles hingegen, ohne das geringste Zögern, lief drauflos, sprang ihren Yurtschenko mit halber Schraube und anschliessendem doppelt geschraubtem Doppelsalto zum bombensicheren Stand.

Und da war er, dieser magische Moment. Biles hatte gerade ihre Sportart in eine neue Dimension verschoben.

Von der Sportlerin zur moralischen Ikone

Alles an Biles ist aussergewöhnlich. Ihre Athletik, ihre Artistik und auch ihre Geschichte. Biles ist eine der weltweit bekanntesten Sportlerinnen geworden, natürlich wegen ihrer vier Goldmedaillen von Rio und all der anderen grossen Siege, aber auch wegen der unsäglichen Vorkommnisse um den langjährigen Teamarzt der US-Turnerinnen.

Biles ist hingestanden, hat den Richtern auch ihre Geschichte erzählt und hat damit all den anderen über 250 Opfern von sexuellem Missbrauch durch diesen Teamarzt ein Gesicht und ihrer gemeinsamen schrecklichen Geschichte Gewicht gegeben.

Wieder hat sie in ihrer Welt zum Rechten geschaut, und das neben all dem Aufwand und der bedingungslosen Konsequenz, die es zum Trainieren von Elementen an der absoluten Grenze des Möglichen braucht.

Es hat die Weltsportlerin des Jahres 2016 zweifellos viel Mut und Kraft gekostet, diesen finsteren Teil ihrer Geschichte in die Öffentlichkeit zu tragen. Und sie war sich vielleicht auch nicht bewusst, dass sie dadurch auch zu einer moralischen Ikone würde. Aber ob gewollt oder ungewollt, Biles nimmt diese Rolle an.

Biles' Wort hat Gewicht

Als die interimistische Präsidentin des US-Turnverbandes sich äusserst unglücklich zur jüngsten Werbekampagne von Nike und damit indirekt zur Frage der Hautfarbe äusserte, reichte ein Tweet von Biles und die Präsidentin war weg.

Ein Tweet, der nicht bösartig oder fordernd gewesen ist, sondern geschrieben mit der feinen Ironie von jemandem, der weiss, dass er uneingeschränkte Glaubwürdigkeit hat und der Verantwortung für den Umgang miteinander übernimmt.

Als die amerikanischen Turnerinnen aufgefordert wurden, sich im langjährigen Trainingszentrum zu besammeln, in dem ein Teil der Übergriffe geschehen ist, hat Biles den Riegel geschoben. Da gehen wir nicht mehr hin. Punkt.

Wieder hat sie in ihrer Welt zum Rechten geschaut, und das neben all dem Aufwand und der bedingungslosen Konsequenz, die es zum Trainieren von Elementen an der absoluten Grenze des Möglichen braucht.

Körperlich stark, mental noch stärker

Biles ist 21 Jahre jung, aber sie scheint alles tragen zu können und dadurch nur noch stärker zu werden. An der WM in Doha turnt sie mit stechenden Schmerzen, welche vielleicht mit ein Grund für die ungewohnten Patzer im Mehrkampf-Final waren. Aber die Entfernung der Nierensteine muss warten bis nach der WM.

Zuerst will sie sich als Turnerin zeigen, die Grenzen verschiebt. Die Elemente turnt, die auf Jahre, vielleicht Jahrzehnte unerreichbar bleiben werden. Und sie will für ihr jüngeren Teamkolleginnen da sein. Das ist Simone Biles, die Frau für die magischen Momente, die darüber hinaus viel Verantwortung tragen kann und will.

Programm-Hinweis

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Verfolgen Sie die Geräte-Finals an der Kunstturn-WM in Doha am Samstag ab 14:00 Uhr live auf SRF zwei und im Liveticker mit Stream auf der SRF Sport App.

Sendebezug: SRF zwei, «sportlive», 30.10.2018, 14:00 Uhr.

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