«Eine Medaille plus» hatte Swiss Paralympic vor Beginn der Winterspiele in Peking als Ziel ausgegeben. Die Medaille holt Théo Gmür gleich am 1. Wettkampftag in der Abfahrt, das «Plus» wurde von den 12 Schweizer Athletinnen und Athleten verfehlt.
Damit fällt die Schweiz im Medaillenspiegel im Vergleich zu 2018, als es dreimal Gold gab, vom 11. auf den 17. Platz zurück – und es wäre wohl Platz 19 geworden, wenn die Russen und Belarussen nicht ausgeschlossen worden wären.
Gründe gibt es etliche:
- Medaillengarant Théo Gmür , der in Pyeongchang die drei Goldmedaillen im Alleingang geholt hatte, hat eine schwierige Saison hinter sich. «Im Dezember wusste ich noch nicht, ob ich hier würde starten können», meinte der Walliser. Dass er trotz seiner kürzlichen Knieverletzung und trotz des Drucks als dreifacher Titelverteidiger eine Medaille holte, ist dem 25-Jährigen hoch anzurechnen.
- Auch andere Schweizer konnten in Peking wegen leichter Verletzungen oder Schmerzen nicht immer ihre Top-Leistung abrufen. Thomas Pfyl litt unter Rücken-, Robin Cuche unter Knie- und Monoski-Fahrer Murat Pelit unter Schulterschmerzen. Zudem fehlten dem Team zu Beginn der Spiele mehrere Staff-Mitglieder wegen Corona-Isolation.
- In einzelnen Rennen war schlicht Pech dabei. So hätte in der alpinen Superkombination durchaus eine weitere Medaille herausschauen können. Nach dem 1. Lauf hatten Gmür, Cuche und Pfyl die Plätze 2, 4 und 6 belegt.
- Die Konkurrenz ist stärker geworden. Etliche Paralympische Komitees haben sich professionalisiert. «Wenn man als ‹Hobby-Profisportler› gegen Vollprofis läuft, liegt einfach nicht mehr drin», meinte etwa Langläufer Luca Tavasci, der in seinen 3 Rennen die Plätze 11, 13 und 16 belegte. Profis können in der Regel auch das gedrängte Programm auf teils anspruchsvollem Terrain besser durchstehen und sind weniger anfällig für Ermüdungs-Verletzungen.
- Mit China ist auf einen Schlag ein neues Schwergewicht in den Parasport gestossen. Mit 19 Gold- und total 61 Medaillen gewannen die Gastgeber den Medaillenspiegel – nachdem sie 2018 mit einer Goldmedaille noch Platz 20 belegt hatten. China hatte sich jahrelang akribisch auf seine Heimspiele vorbereitet, aus seinem grossen Bevölkerungspool (bis zu 100 Millionen Menschen leben mit einer Einschränkung) Athletinnen und Athleten rekrutiert und Trainer-Knowhow aus dem Westen eingekauft. Ob China am Parasport dran bleibt und der Höhenflug nachhaltig ist, bleibt aber abzuwarten.
Investitionen wie China wird der Schweizer Parasport nie tätigen können. Man wird weiterhin zu grossen Teilen auf Ausnahme-Talente wie Gmür und auf das Engagement und die Sportbegeisterung der Athletinnen und ihres Umfelds angewiesen sein.