Seit Donnerstag weilt das Schweizer Team in Kigali, wo am Sonntag mit den beiden Einzelzeitfahren die erste Rad-WM auf afrikanischem Boden beginnt. Vor der Ankunft herrschte noch einiges an Ungewissheit, was die (Renn-)Bedingungen in der ruandischen Hauptstadt angeht. Diese ist bei Mauro Schmid positiver Überraschung gewichen. «Es ist deutlich besser als erwartet. Die Strassen sind supergut. Es hat ein bisschen viel Verkehr in der Stadt, aber es ist wirklich top», sagt der amtierende Schweizer Meister im Zeitfahren.
Kollege Stefan Küng kann nur beipflichten: «Der Asphalt ist perfekt», hat er bei einer ersten Besichtigung auf der noch nicht gesperrten Rennstrecke mitten in der Stadt festgestellt.
Reussers «Kulturschock»
Marlen Reusser, die direkt vom Höhentrainingslager nach Zentralafrika gereist ist, brauchte etwas Zeit für die Akklimatisierung. «Es ist schon fast ein bisschen ein Kulturschock, vom Berninapass mitten nach Ruanda zu kommen. Für mich ist das enorm spannend, ich war noch nie in Afrika.»
Viele Eindrücke prasselten auf die Bernerin ein, als sie bei Ausfahrten im Auto und auf dem Velo einen ersten Augenschein nahm. «Es hat enorm viele Leute auf den Strassen. Viele Motorfahrzeuge jeglicher Art, die in der Schweiz im Leben nicht zugelassen würden. Es kommt mir vor wie ein menschlicher Ameisenhaufen», schildert sie.
Die Form stimmt (wieder)
Während die Schweizer Männer aufgrund der coupierten Strecke nicht mit einem Medaillenexploit rechnen, werden in Reusser deutlich grössere Hoffnungen gesetzt. Die gesundheitlichen Probleme, die sie beim Giro d'Italia und bei der Tour de France behinderten, sind mittlerweile vergessen.
Es ist auf jeden Fall möglich.
«Gesundheitlich bin ich bei 100 Prozent. Formmässig bin ich wieder auf einem guten Niveau. Wie es wirklich ist, sieht man aber erst im Wettkampf», schaut Reusser, die am Samstag ihren 34. Geburtstag feiert, auf das Rennen in ihrer Paradedisziplin voraus. Liegt nach zweimal Silber an der WM 2020 in Imola und bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio nun gar der Titel drin?
Reusser, die Demi Vollering (NED) und Chloé Dygert (USA) als härteste Konkurrentinnen sieht, wagt keine klare Ansage, strahlt aber Zuversicht aus: «Es ist auf jeden Fall möglich. Aber es war schon x-mal möglich und hat dann nicht geklappt. Ich glaube, der Parcours hier liegt mir sehr gut», sagt sie.
Neue Massstäbe in der Vorbereitung
An einer ungenügenden Vorbereitung dürfte die Mission Goldmedaille definitiv nicht scheitern. Im Trainingslager im Bündnerland wurde die Höhenlage Kigalis auf 1500 Metern über Meer simuliert. Weil die klimatischen Bedingungen aber anders sind als in der Schweiz, fänden vor Ort noch Leistungstests mit Laktatmessungen statt. So wolle man die Wattzahlen perfekt abstimmen und das Rennen möglichst gut planen. «Das haben wir vorher noch nie gemacht», so Reusser.