Dem Chris Froome, der er jetzt ist, ist immerhin noch eines von dem Chris Froome, der er einmal war, geblieben: die gnadenlose Hartnäckigkeit. «Es wird nicht dieses Jahr passieren, aber ich träume immer noch davon, die Tour de France zu gewinnen. Und deshalb werde ich diesem Traum weiter nachjagen», sagte der Brite am Rande der 109. Frankreich-Rundfahrt.
Ich wollte meine Karriere nicht so enden lassen.
Nur: Die Zeiten, in denen solche Aussagen des viermaligen Tour-Champions für Sorgenfalten und Magengrummeln bei der Konkurrenz gesorgt hätten, sind längst vorbei. Mittlerweile sind Stirnrunzeln und – als Höchststrafe – mitleidige Blicke für den mittlerweile 37-Jährigen die gängige Reaktion.
Nicht mehr der Froome von früher
«In den vergangenen drei Jahren bin ich nach meinem schrecklichen Sturz wieder zurückgekommen. Ich wollte meine Karriere nicht so enden lassen», sagte Froome: «Das ist es, was mich jeden Morgen aus dem Bett treibt.»
Der schiere Wille allein scheint aber nicht mehr zu genügen, Froome, der als eiskalter Radsport-Analytiker bei seinen Tour-Triumphen zwischen 2013 und 2017 die Konkurrenz mit chirurgisch präzisen Schlägen zermürbte, wirkt in der 2022er-Version wie ein schlechter Doppelgänger seines einstigen Ichs.
Die Folgen des Dauphiné-Sturzes
Auf den drei Dänemark-Etappen der laufenden Tour, alle ohne grössere Herausforderungen für die Topfahrer, verlor Froome rund zwei Minuten auf die neue Generation von Spitzenfahrern um Titelverteidiger Tadej Pogacar. Und die Vorleistungen sprechen eher dafür, dass die Bergetappen für den einstigen Herrscher der Grossen Schleife ziemlich unerfreulich werden.
Seit der Rückkehr nach seinem schrecklichen Sturz bei der Dauphiné 2019 , der ihm mehr Knochenbrüche bescherte, als er Tour-Siege gefeiert hat, ist Froome in keinem einzigen Rennen unter die besten 10 gefahren. Die Folgen des Crashs spürt er noch immer. Sein Fünfjahresvertrag beim Team Israel-Premier Tech aber, einer der höchstdotierten im Peloton, läuft bis 2025. Und Froome scheint wild entschlossen, diesen auch zu erfüllen.
Ältester Sieger war 36
Geld, das stellt der gebürtige Kenianer klar, ist nicht sein Antrieb. «Das Team hat mir eine Chance gegeben», sagte er. Dafür wolle er zurückzahlen, mit einem grossen Coup zum Karriereende.
Möglichst dem 5. Tour-Sieg, den bislang nur die Radsport-Vierfaltigkeit Anquetil, Merckx, Hinault, Indurain vorzuweisen hat. Als ältester Tour-Champion der Geschichte – bislang ist dies der Belgier Firmin Lambot, der 1922 mit 36 Jahren triumphierte.
Doping-Gerüchte kein Thema mehr
Am Freitag steht bei der Tour die Bergankunft auf der Planche des Belles Filles an, wo vor genau 10 Jahren – am 7. Juli 2012 – Froomes Stern mit einem Etappensieg aufging. Nun muss er versuchen, irgendwie mitzuhalten.
Das ist nicht schön für einen Fahrer seines Formats, hat aber immerhin einen Vorteil: Die Doping-Gerüchte, die Froome zu Sky-Zeiten stets begleitet haben, sind längst verstummt.