Die Medaillensammlung von Marlen Reusser an internationalen Titelkämpfen wächst und wächst: Neu umfasst sie neben Olympia-Silber, EM-Gold und EM-Bronze eine weitere WM-Silbermedaille. Eine solche hatte die Zeitfahr-Spezialistin, die erst 2017 eine Profilizenz löste, bereits vor einem Jahr in Imola gewonnen.
Im Interview nach dem WM-Zeitfahren in Flandern dominierte bei Reusser aber vor allem die Enttäuschung. Daraus machte sie kein Geheimnis. «Ich bin für etwas anderes hierher gekommen. Ich bin ziemlich fest enttäuscht», gab die Bernerin unumwunden zu.
Die Freude über Silber wird wohl nicht mehr kommen. Aber ich glaube, dass mein Stündchen noch kommen wird.
Reusser hatte im Vorfeld keinen Hehl daraus gemacht, dass sie auf dem topfebenen Parcours in Flandern den WM-Titel will. Anders als in Tokio, als die Schweizerin nach Rennhälfte noch aufdrehen konnte und sich so noch auf die Medaillenränge vorarbeiten konnte, gelang ihr dies auf dem Weg nach Brügge nicht.
Beeindruckende Saison
Statt ihren kleinen Vorsprung auf die neue Weltmeisterin Ellen van Dijk zu verteidigen, büsste Reusser auf dem letzten Abschnitt rund 13 Sekunden ein. Weil sich ihr Visier am Helm fast komplett beschlagen habe und sie die zweite Streckenhälfte «blind gefahren» sei, sei es etwas stressig gewesen. «Der Grund, warum ich nicht gewonnen habe, waren aber die Beine», stellte sie klar.
Dass diese am Tag ihres 30. Geburtstags vielleicht nicht ganz so gut waren, um ganz nach vorne zu fahren, mag für die Schweizerin eine grosse Enttäuschung sein. Eine dritte Medaille an grossen Titelkämpfen alleine in diesem Jahr ist und bleibt dennoch eine beeindruckende Ausbeute. Hinzu kommt, dass Reusser in dieser Saison auch bewiesen hat, dass sie auf der World Tour ganz vorne mitmischen kann.
Dass die Freude über die Silbermedaille – auch mit etwas Abstand betrachtet – noch kommen wird, glaubt Reusser nicht. «Aber ich glaube, dass mein Stündchen noch kommt.»