3 Stunden, 33 Minuten und 41 Sekunden hat der Chinese Cheng Ji bis zur Berg-Ankunft in Chamrousse auf Leader Vincenzo Nibali verloren. Ein Exote ist er im Feld jedoch nur wegen seiner ungewöhnlichen Herkunft. Die sportliche Leistung Jis findet durchaus Anerkennung: «Er macht seine Sache gut», sagt etwa der dreifache Etappensieger Marcel Kittel.
Ji hilft in Kittels Giant-Shimano-Team als Anfahrer in den Massenspurts und sorgt dafür, dass etwaige Ausreisser zügig wieder gestellt werden. Dies hat ihm im Feld bereits den Spitznamen «Breakaway Killer» eingebracht.
Letzter, Aufgabe und jetzt Paris?
Für Ji ist es die dritte grosse Rundfahrt seiner Karriere. Bei der Vuelta wurde er 2012 Letzter, im Vorjahr stieg er beim Giro d’Italia nach 5 Etappen aus. Sein Ziel bei der Premiere an der Tour de France heisst Paris, sein Problem in den nächsten Tagen sind die hohen Berge der Alpen und der Pyrenäen.
Seine sportliche Karriere startete der aus Harbin stammende Ji in der Leichtathletik, ehe er aufs Velo wechselte. 2007 gelang dem heute 27-Jährigen der Sprung nach Europa, wo er in der niederländischen Shimano-Equipe behutsam aufgebaut wurde.
Botschafter im Reich der Mitte
In China nimmt Ji die Rolle eines Botschafters ein. 7 Journalisten aus dem Reich der Mitte begleiten seine Fahrt über Frankreichs Landstrassen. Jeden Tag wird im chinesischen TV zwei Stunden live von der Tour berichtet - und das zur Prime Time, denn die Etappen enden gegen 23:00 Uhr Ortszeit. Die Einschaltquoten stimmen offensichtlich. «Er ist sehr populär. Mehrere Millionen Chinesen schauen jeden Tag zu», sagt eine TV- Journalistin aus China.
Den Kontakt zur Heimat hält Ji per Telefon, der Rad-Profi ist oft monatelang von zuhause weg und sieht seine Frau nur in den Wintermonaten. Immerhin darf er seine Telefongespräche aus einem Einzelzimmer führen. Nicht weil er bei Giant-Shimano ein Star wäre, sondern weil er ohrenbetäubend laut schnarcht.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 05.07.-18.07.2014, 15:30 Uhr.