Wieder war Stefan Küng ganz nahe dran. Nur 2,95 Sekunden fehlten ihm zum lang ersehnten Gewinn der WM-Goldmedaille im Zeitfahren. Im Ziel haderte der Thurgauer dann auch mit dem Resultat: «Vor ein paar Jahren hätte ich sicher sofort unterschrieben, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich Vize-Weltmeister werde. Aber ich habe alle grosse Favoriten geschlagen und mit Tobias Foss habe ich wirklich nicht gerechnet. Es fühlt sich wirklich so an, als ob ich nicht Silber gewonnen, sondern Gold verloren habe.»
Für Küng war es die dritte WM-Medaille nach Bronze im Zeitfahren 2020 und ebenfalls Rang 3 im Strassenrennen 2019. Die Freude über das Erreichte war kurz nach dem Rennen aber stark getrübt. «Ich habe wirklich gedacht, dass ich mir heute das Regenbogentrikot holen werde.» Das Resultat zeige zwar, «dass ich in der absoluten Weltspitze bin, aber irgendwie drehe ich mich um diesen grossen Sieg».
Ich denke mir dann: ‹Könnte das Glück nicht einmal auf meiner Seite sein?›
Besonders bitter für Küng ist, dass die Uhr einmal mehr nicht für ihn lief. An der EM 2022 hatte er Zeitfahr-Gold um 0,53 Sekunden verpasst, an den Olympischen Spielen fehlten ihm in seiner Paradedisziplin 0,4 Sekunden zu Bronze. «Das ist der Sport, darum lieben wir ihn, weil es knapp ist, weil es spannend ist, weil es um Sekunden geht. Aber ich denke mir dann: ‹Könnte das Glück nicht einmal auf meiner Seite sein?›»
Küng fügte sogleich an, dass es im Sport trotz allem nicht um Glück oder Pech gehe. «Der Stärkste gewinnt. Foss war heute sicher der Beste. Ich habe mein Bestes gegeben und muss es akzeptieren. Aber ich werde heute sicher nicht gut schlafen.»
Foss kann seinen Triumph nicht fassen
Ganz anders sah die Gefühlslage beim überraschenden Sieger aus. «Es fühlt sich an, wie wenn ich träume. Meine Form und meine Beine waren gut, aber damit hätte ich niemals gerechnet.» Er habe im Ziel lange nicht geglaubt, dass es für den Sieg reichen könnte. «Es ist unglaublich. Dieses Trikot anziehen zu dürfen, ist sehr speziell. Ich werde versuchen, es in Ehre zu tragen.»
Bissegger hadert mit den Startzeiten
Bei Stefan Bissegger, der im Sommer mit EM-Gold im Zeitfahren in München seinen bisher grössten Erfolg gefeiert hatte, herrschten nach Rang 5 gemischte Gefühle. «Es war eine solide Leistung. Schade, dass die Windböen bei der zweiten Hälfte der Fahrer eher weniger geworden sind. Ich musste immer damit rechnen, dass eine Böe kommt. Ich habe das Beste herausgeholt und damit muss ich zufrieden sein.»
Der 24-jährige Thurgauer störte sich daran, dass die Startzeiten der verschiedenen Fahrer-Gruppen so weit auseinander lagen. «Daran muss die UCI arbeiten. Es ist schade, wenn die WM so entschieden wird.»