Die ersten Bemühungen, die Tour de France nach Dänemark zu holen, liegen mehr als 20 Jahre zurück. Ausgelöst durch die Euphorie von Bjarne Riis' Gesamtsieg kam die Idee erstmals auf. Nun hat es mit dem Grand Départ geklappt. Und die Euphorie im bisher nördlichsten Gastgeberland hätte nicht grösser sein können.
Die dänischen Radsport-Fans säumten nicht einfach nur die Strassen. Phasenweise wähnte man sich fast im Aufstieg zur Alpe d'Huez, so dicht gedrängt standen die Menschen in mehreren Reihen hintereinander am Strassenrand. Wobei Strassenrand ein gutes Stichwort ist.
Sie standen alle schön am Strassenrand. Wie aus dem Bilderbuch, genau so wünscht man sich Radsport-Fans.
Im Fahrerfeld war man voll des Lobes für die dänischen Zuschauer. «Sie waren mega enthusiastisch, auch fair und es hat mega Spass gemacht die 3 Tage hier», sagte etwa Silvan Dillier am Sonntagabend vor der Übersiedlung nach Frankreich. «Die Fans haben die Strasse respektiert, wir hatten genug Platz», so der Aargauer aus dem Alpecin-Fenix-Team.
Begeistert zeigte sich auch Stefan Küng. «Ein einmaliges Publikum. Es war unglaublich mit all diesen Leuten am Strassenrand, dem Enthusiasmus, den man spürt, die Freude. Es war grandios», schwärmte der Thurgauer. Auch der Groupama-Profi hob den Respekt und die Fairness der Zuschauer hervor. «Sie standen alle schön am Strassenrand. Wie aus dem Bilderbuch, genau so wünscht man sich Radsport-Fans.»
Nur keine Zeit verlieren
Wie immer war der Tour-Auftakt aber auch mit einer gewissen Hektik verbunden, ganz nach dem Motto: In den ersten Tagen kann man die Tour zwar nicht gewinnen, aber verlieren. Die ganz grossen Favoriten blieben von einem Sturz indes verschont, was für ihre jeweiligen Teamkollegen mit einem harten Stück Arbeit verbunden war. «Es waren stressige Tage, wie wir es erwartet haben», bilanzierte Marc Hirschi.
Der Berner, der beim UAE Team Emirates für den grossen Favoriten Tadej Pogacar fährt, ging auf der 2. Etappe zu Boden und litt am Sonntag unter Knieschmerzen. «Es gab ein paar Stürze, aber wir sind gut durchgekommen. Tadej ist vorne dabei.»
Zwei besondere Siege – und eine besondere Geschichte
Für die Schlagzeilen in Dänemark sorgten mit Fabio Jakobsen und Dylan Groenewegen auch zwei Fahrer, die vor zwei Jahren in einen der schlimmsten Stürze der Radsport-Geschichte involviert waren. Das Schicksal wollte es, dass die beiden niederländischen Sprinter nacheinander eine Etappe gewannen. Jakobsen, der nach dem Crash in Polen nur knapp dem Tod entging, siegte am zweiten, Groenewegen, der den Unfall verursacht hatte und lange als Persona non grata galt, am dritten Tag.
Zu erwähnen ist auch die Geschichte von Magnus Cort Nielsen. Der Däne, der wie Stefan Bissegger für das Team EF Education fährt, hatte am Samstag zur ursprünglich vier Fahrer umfassenden Ausreissergruppe gehört und hatte dabei alle drei Bergpreiswertungen gewonnen.
Tags darauf setzte sich Cort Nielsen gleich nach dem Start in Vejle wiederum vom Feld ab. Obwohl niemand mit ihm in die Spitzengruppe wollte, zog der 29-Jährige das Unterfangen durch. Bis er 50 km vor dem Ziel in Sonderborg eingeholt wurde, entschied der Etappensieger von 2018 drei weitere Bergpreise der vierten Kategorie für sich. Das rotgepunktete Trikot wird damit vorerst in seinem Besitz bleiben.