Am 27. Juli 1997 katapultierte sich Jan Ullrich mit seinem Gesamtsieg an der Tour de France auf die ganz grosse Bühne des Radsports. Der Boom, welcher der Rostocker in Deutschland auslöste, war vergleichbar mit demjenigen von Boris Becker oder Steffi Graf im Tennis.
Der Ruhm ist längst verblasst. Wie so viele andere Radprofis hatte wohl auch der Deutsche zu dieser Zeit zu unerlaubten Mitteln gegriffen. In den Ranglisten der 90er und 00er Jahre taucht in den ersten Positionen kaum ein Fahrer auf, dem mittlerweile kein Doping-Missbrauch nachgewiesen werden konnte.
Riis gewährt Ullrich freie Fahrt
Vor 23 Jahren aber war Ullrichs wohl grösster Triumph noch etwas wert. Die Art und Weise, wie er sich zum Gesamtsieger krönte, war beeindruckend. Eigentlich als Edelhelfer von Telekom-Captain Bjarne Riis engagiert, stürmte der damals 23-Jährige auf der 10. Etappe ins Gelbe Trikot.
Riis soll Ullrich im Schlussaufstieg nach Andorra zugenickt haben und ihm so die Erlaubnis erteilt haben, die Stallorder über den Haufen zu werfen. Im Jahr zuvor hatte Riis als erster Däne überhaupt die Frankreich-Rundfahrt gewonnen. Es ist ebenfalls einer jener grossen Triumphe, die Jahre später im Dopingsumpf untergegangen sind.
Mit 9 Minuten Vorsprung fuhr Ullrich knappe zwei Wochen später im Gelben Trikot in Paris ein. Erstmals überhaupt konnte damit ein Deutscher die «Grande Boucle» für sich entscheiden. Und in der Heimat rechneten alle mit weiteren Tour-Siegen.
Ewiger Zweiter hinter Armstrong
Diese blieben allerdings aus. Zwar feierte Ullrich unter anderem mit dem Vuelta-Gesamtsieg 1999 oder dem Olympiasieg im Strassenrennen 2000 grosse Erfolge. Die Tour de France aber konnte er nie mehr gewinnen. Hinter einem gewissen Lance Armstrong, der 7 Mal in Serie als Sieger die Champs-Élysées erreichte, wurde er 5 Mal Zweiter.
Ullrichs Abstieg begann 2002, als er unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursachte. Während eines anschliessenden Aufenthalts in einer Rehaklinik wurde er positiv auf Amphetamine getestet, was eine 6-monatige Sperre nach sich zog.
Als er 2006 Anlauf nahm, die Tour de France zum zweiten Mal zu gewinnen, entschied sein T-Mobile-Team kurzfristig, ihn nicht starten zu lassen. Im Rahmen der «Operacion Puerto» der spanischen Behörden war Ullrichs Name auf Blutbeuteln aufgetaucht. Nach der Kündigung seines T-Mobile-Teams erklärte der Rostocker seine Karriere 2007 für beendet. 2012 sprach ihn der Internationale Sportgerichtshof nach jahrelangem Rechtsstreit des Doping-Missbrauchs schuldig.