Zum Inhalt springen

Header

Audio
Massendopingverdacht bei Chinas Schwimmern (Radio SRF 1, Mittagsbulletin vom 20.04.24, 12:40 Uhr)
Aus Mehr Sport vom 20.04.2024. Bild: imago images/Xinhua
abspielen. Laufzeit 1 Minute 3 Sekunden.
Inhalt

Keine Untersuchung der Wada 23 chinesische Top-Schwimmer 2021 positiv getestet

  • 23 chinesische Top-Schwimmerinnen und -Schwimmer wurden vor Olympia 2021 positiv auf ein verbotenes Mittel getestet.
  • Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) verzichtete laut Recherchen auf eine eigene Untersuchung.
  • Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur Usada, sprach gegenüber der ARD-Dopingredaktion von «schockierenden Enthüllungen».

Nach Recherchen der ARD-Dopingredaktion und der New York Times wurden 23 chinesische Top-Schwimmerinnen und -Schwimmer an einem nationalen Wettkampf in Shijiazhuang (CHN) Anfang 2021 positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin (TMZ) getestet. Dabei handelt es sich um die Substanz, wegen der die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa im Januar für 4 Jahre gesperrt wurde.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada habe auf eigene Ermittlungen verzichtet und der Darstellung von Chinas Behörden vertraut, die verunreinigte Mahlzeiten in einem Hotel als Ursache der Positivtests angab, so ARD und die US-Zeitung New York Times weiter.

Offenbar auch Olympia-Sieger betroffen

13 der mutmasslich positiv getesteten Chinesen starteten dennoch bei Olympia 2021 und gewannen Medaillen in fünf Wettbewerben, darunter die spätere Doppel-Olympiasiegerin Zhang Yufei sowie die ebenfalls in Tokio siegreichen Wang Shun und Yang Junxuan.

Schwimmerin im Wettkampf beim Kraulschwimmen im Pool
Legende: Ihr Verband steht unter Verdacht Die chinesische Schwimmerin Zhang Yufei an Olympia 2021. imago images/Xinhua

Aus dem von China vorgelegten Report gehe hervor, dass über 2 Monate später Ermittler die Küche inspiziert und dabei Spuren von TMZ im Dunstabzug, an Gewürzcontainern sowie im Abfluss gefunden hätten. Demnach sei die verbotene Substanz ohne das Wissen der Athletinnen und Athleten in deren Körper gelangt.

Wegen Corona nur Remote-Untersuchung

Chinas Anti-Doping-Agentur erklärte, dass «keine Anti-Doping-Verstösse» vorgelegen hätten. Der Schwimm-Weltverband World Aquatics teilte mit, die Vorgänge seien sorgfältig und professionell geprüft worden. Die positiven Fälle seien im März 2021 korrekt in das offizielle Wada-Meldesystem eingegeben worden. Anstatt einen offiziellen Anti-Doping-Regelverstoss zu melden, habe jedoch die interne chinesische Untersuchung stattgefunden.

Steht ein Regelverstoss im Raum, greift normalerweise eine vorläufige Sperre. Die Wada verzichtete laut der Recherchen – wegen der damaligen Corona-Einschränkungen – auf eine eigene Untersuchung. Nach Prüfung aus der Ferne sah sich die Anti-Doping-Organisation nicht in der Lage, die China-Theorie zu widerlegen. «Wir haben sogar neue Informationen zur Pharmakokinetik und zum Stoffwechsel von TMZ beim Hersteller eingeholt und mehrere Hypothesen getestet», erklärte der Wada-Wissenschafts- und Medizin-Direktor Olivier Rabin.

Wada sieht «keine Grundlage» für Doping-Verstösse

Auch seien Dopingstrategien mit niedrigen TMZ-Dosen ausprobiert worden, um die Plausibilität zu beurteilen. «Letztendlich kamen wir zu dem Schluss, dass es keine konkrete Grundlage gab, um die behauptete Kontamination anzufechten», sagte Rabin in der WADA-Mitteilung.

Travis Tygart, Chef der US-Anti-Doping-Agentur Usada, sprach gegenüber der ARD-Dopingredaktion von «schockierenden Enthüllungen» und einem «Messer im Rücken aller sauberen Athleten». Der Fall rieche «nach Vertuschung auf den höchsten Ebenen der Welt-Anti-Doping-Agentur». Der ehemalige Wada-Generaldirektor David Howman äusserte die Sorge, dass der Kampf für sauberen Sport nachhaltig Schaden nimmt. Ein Vertrauensverlust wäre «eine Tragödie für die Wada».

Radio SRF 1, Mittagsbulletin vom 20.04.24, 12:40 Uhr;

Meistgelesene Artikel