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Alle Augen sind auf Staudenmann gerichtet
Aus Sport-Clip vom 21.07.2023.
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Bergfest auf dem Weissenstein Der Weisen Stein

Der Weissenstein und der Stein der Weisen wurden schon vor langer Zeit in Wortspielen miteinander verknüpft. Der Solothurner Hausberg und der Stein, den noch niemand gefunden hat und der auch auf dem Schwingplatz nicht zu finden sein wird. Zumindest nicht als ein Stein im wörtlichen Sinn.

«Wer immer fand den Weissenstein, der fand den Stein der Weisen.» So endet ein Gedicht aus dem Jahr 1877. Da ist es ganz gut, dass das Bergfest auf dem Weissenstein ansteht. Denn der Schwingsport kann ein bisschen Weisheit aktuell ganz gut gebrauchen.

Diskussionen mit gehässigem Unterton

Es wird viel lamentiert im und um den Schwingsport. Kampfrichterentscheide, Einteilungen, Verhaltensweisen. Was immer schon Gegenstand von Diskussionen war, erhielt jüngst einen zuweilen gehässigen Unterton. Da würde der Stein der Weisen helfen. Von dieser Wunderwaffe gegen alles Schlechte träumen Menschen seit 2500 Jahren. Heilung und Läuterung soll der Stein bringen, er sei wirksam gegen Mangelzustände und Disharmonien.

Das ist leider viel zu gut, um wahr zu sein. Ein solcher Stein liegt nirgends herum, es gibt ihn nicht als Kiesel für die Hosentasche, so praktisch das auch wäre. Wir müssen uns also weiterhin selber bemühen, all das zu bewirken, was der Stein der Weisen für uns nicht erledigen kann. Auch auf dem Weissenstein.

Blick auf das Bergfest auf dem Weissenstein.
Legende: Gibt es am Samstag keine Nebengeräusche? Das Bergfest auf dem Weissenstein steht an. Freshfocus/Sven Thomann/Blick

Über Jahrzehnte haben Generationen von Menschen viel Weisheit in den Schwingsport geflochten, in dessen Wettkampfform, in seine geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, so dass ein rauer und harter Zweikampf zu einer hochanständigen Veranstaltung geworden ist. Eine bewundernswerte Leistung, für die es den Stein der Weisen gebraucht hat. Bloss war dieser Stein weder ein Granit, noch ein Jurakalk vom Weissenstein, sondern die kumulierte Klugheit von weitsichtigen Köpfen, die eine Kultur definiert haben. Eine Kultur, die uns einiges abverlangt.

Live-Hinweis

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Verfolgen Sie den Weissenstein-Schwinget am Samstag ab 08:20 Uhr im kommentierten Livestream in der SRF Sport App und auf srf.ch/sport.

Es ist eine hohe Erwartung, dass eine sportliche Niederlage auch dann klaglos akzeptiert werden soll, wenn sie eigentlich keine war. So, wie das im Schwingen von Athleten und Zuschauenden erwartet wird. Wir alle wissen aus eigener Erfahrung, dass die naheliegendste Reaktion anders aussieht. Wir werden wütend, sind frustriert, erheben Anschuldigungen. Es ist ja grundsätzlich auch nicht falsch, sich zu wehren, wenn man Unrecht wittert.

Aber im Schwingsport wird seit langer Zeit eine andere Handhabung solcher Situationen gelebt. Nur so ist es möglich, dass abends nach dem Schlussgang alle beseelt von einem friedlichen Tag nach Hause gehen können. Diese Kultur ist so schwierig wie fundamental wichtig, weil sie unseren spontanen Reaktionsweisen Zügel anlegt. Das ist der Stein der Weisen, bezogen auf den Schwingsport.

Schlegels bemerkenswerte Reaktion

Beim letzten Bergfest, jenem auf der Rigi, gab es in einem entscheidenden Kampf um den Einzug in den Schlussgang einen Fehlentscheid. Leidtragender war Werner Schlegel, der um die Möglichkeit gebracht wurde, um einen grossen Festsieg zu schwingen. Schlegel – nicht nur ein sehr starker, sondern auch ein höchst ambitionierter Schwinger – zeigte eine bemerkenswerte Reaktion.

Ein Anflug von Enttäuschung spiegelte sich in seiner Mimik, zweifellos brodelte es in seiner Sportlerseele, aber nach aussen hin war die Sache erledigt. Ganz offensichtlich hat der 20 Jahre junge Schlegel seinen persönlichen Anteil am Stein der Weisen schon gefunden. Und – wichtiger noch – er stärkt damit die so anspruchsvolle Kultur in seiner Sportart.

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Archiv: Reichmuth gewinnt auf der Rigi
Aus Sportpanorama vom 09.07.2023.
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Das Leben bietet uns immer wieder die Möglichkeit, uns selber besser und weiser zu machen. Zum Beispiel anlässlich eines Schwingfestes mit seiner Kultur der friedlichen und respektvollen Ambiance. Eine Kultur, die nicht in Stein gemeisselt ist, sondern die immer wieder Zuwendung von allen Beteiligten im Sägemehl und auf den Zuschauerrängen braucht. Jeder und Jede ist aufgefordert, jedes Mal ein Steinchen ins grosse Mosaik der Weisheit einfügen. Und wo liesse sich das besser ins Bewusstsein rücken als auf dem Berg, der schon rein vom Namen her so nah beim Stein der Weisen steht.

SRF zwei, sportlive, 16.07.2023, 08:35 Uhr

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