Der Schwägalp-Schwinget 2025 hat gezeigt: Die Nordostschweizer erfreuen sich vor dem Eidgenössischen am 30./31. August einer guten Form – und dürfen sich durchaus Chancen auf den Königstitel ausrechnen. Aushängeschild Samuel Giger stellte im Schlussgang mit Youngster Werner Schlegel und teilte sich den Festsieg damit mit Premierensieger Marcel Räbsamen.
Im Interview nach dem Fest tat sich Giger schwer, seinen 7. Triumph am Fuss des Säntis einzuordnen. Einerseits fühle sich das schon surreal an, andererseits «wird diese Saison nur an zwei Tagen gemessen». Damit meint der Thurgauer natürlich das ESAF Ende Monat. Ein Fest, an dem nicht nur Giger unter Druck ist.
Das Warten auf die Krone
Nach Joel Wickis Titel in Pratteln vor drei Jahren warten die Nordostschweizer von den drei grossen Teilverbänden nämlich am längsten auf einen König. Letztmals hatte Jörg Abderhalden in Aarau 2007 triumphiert – vor nunmehr 18 Jahren.
Seit Abderhaldens insgesamt drittem Titel sind fünf Eidgenössische Schwingfeste vergangen. Die Bilanz der Nordostschweizer fällt dabei ziemlich mager aus. Nur einmal schaffte es ein NOSV-Schwinger in den Schlussgang. 2016 unterlag Armon Orlik in Estavayer-le-Lac dem Berner Matthias Glarner.
Daraus könnte man folgern, dass der Teilverband in den letzten knapp zwei Jahrzehnten an Qualität eingebüsst hat. Dem ist allerdings keineswegs so. In Sachen Qualität und Breite können die Nordostschweizer mit allen anderen Teilverbänden der Schweiz problemlos mithalten. Das zeigen etwa die Resultate der anderen Schwingfeste mit eidgenössischem Charakter.
So triumphierte Giger vor zwei Jahren am Unspunnen in Interlaken. Am Kilchberger Schwinget teilte er sich 2021 zudem den Sieg mit Verbandskollege Damian Ott und dem Berner Fabian Staudenmann. Auch an Bergfesten gehören die Nordostschweizer oft zu den Siegern, Stichwort Schwägalp.
Der viel zitierte Druck
Nur an den Eidgenössischen ging es in der Vergangenheit nicht auf. Die Gründe für den Misserfolg sind schwierig zu eruieren. Einerseits ist die starke Konkurrenz, besonders aus Bern, zu nennen, die den Nordostschweizern immer wieder vor der Sonne stand. Andererseits dürfte auch der Druck, am Tag X abzuliefern, wenn es alle erwarten, ein Grund sein.
Gerade Giger ist daran gescheitert. Seit vielen Jahren ist er eine der dominanten Figuren im Schwingsport und praktisch an jedem Fest Favorit. In Pratteln verspielte er die Chance auf die Krönung bereits am Samstag, als er von den ersten drei Gängen nur einen gewinnen konnte. Auch Orlik, Ott und Youngster Werner Schlegel konnten ihr Potenzial nicht gänzlich abrufen.
Die grosse Chance
Heuer im Glarnerland soll sich dies ändern. Klar: Nach Wickis Titel wird der Druck nicht kleiner. Im Vergleich zu Pratteln ist er allerdings gleichmässiger auf die verschiedenen Schultern der Schwinger verteilt. Giger geht zwar noch immer als Kronfavorit ins Fest. Die Lücke zwischen dem Thurgauer und seinen Verbandskollegen ist in den letzten drei Jahren jedoch kleiner geworden.
Schlegel, Ott, Orlik und Domenic Schneider führen mit Giger die starke NOSV-Delegation an. Sind mehrere dieser Schwinger auch am Sonntag noch an der Spitze der Rangliste zu finden, können sie sich gegenseitig Druck nehmen, sodass sich am Abend vielleicht einer der Genannten König nennen darf.