Übergrosse Erwartungen schüren ist nicht Niels Hintermanns Ding: «Mein Ziel ist es, dass ich in Beaver Creek (Speed-Weltcupauftakt Anfang Dezember, Anm. d. Red.) dabei sein kann. Ansonsten habe ich mir keine Saisonziele gesetzt.» Es gebe einfach noch zu viele Variabeln, um von mehr als einem «Grobplan» zu sprechen, so der Zürcher.
Der 30-Jährige hat die komplette letzte Saison wegen einer Lymphdrüsenkrebs-Erkrankung verpasst und bereitet sich nun auf eine Rückkehr in den Weltcup vor. «Ich bin voll im Aufbauprozess und sehr zufrieden, wie es läuft», freut sich Hintermann.
Probleme mit Höhenluft
Der dreifache Weltcupsieger gibt zu, dass im Vergleich zu seiner früheren Topform «überall noch ein bisschen» fehle. Zwei Punkte nennt er explizit: die Erholungskapazität und den Umgang mit Höhenluft. «Mit der Höhe hatte ich im April schon Mühe, aber da war ich auch noch an einem anderen Punkt als jetzt», sagt Hintermann.
Das Sommertraining hat jedenfalls das Potenzial, Hintermann wieder auf Top-Niveau zu bringen: 8 Wochen Konditionstraining, gefolgt von Schneetraining in Zermatt und Saas Fee im August. «Wir können endlich wieder nach Zermatt. Darauf freue ich mich riesig. Im Wallis werde ich sehen, wie es mit der Höhe läuft.» Gibt es keine Schwierigkeiten, wird Hintermann im September zudem zum Training nach Chile reisen.
«100 Prozent Unterstützung» von Swiss-Ski
Swiss-Ski stimmt vollumfänglich mit Hintermanns gewähltem Weg überein. «Es ist wunderschön, dass er wieder gesund ist», sagt Präsident Urs Lehmann. «Gerade Anfang Saison darf er sich nicht selber unter Druck setzen, sondern muss Schritt für Schritt gehen.»
Swiss-Ski wolle die Rahmenbedingungen schaffen, damit Hintermann seinen Weg möglichst unbeschwert gehen könne. «Wir machen definitiv keinen Druck, und er hat zu 100 Prozent unsere Unterstützung.» Gleichzeitig zeigt sich Lehmann im Hinblick auf Hintermanns Potenzial in der «2. Karriere» optimistisch: «Er ist zuversichtlich, und in diesem Fall ist ihm alles zuzutrauen.»
Vor Kontrolle «immer ein mulmiges Gefühl»
Was den medizinischen Aspekt betrifft, kann Hintermann positive News vermelden: Medikamente muss er keine mehr nehmen. Die bisherigen Nachkontrollen, die alle drei Monate stattfinden, seien unauffällig gewesen. Eine Belastung sind Letztere aber doch: «Am Abend vor der Kontrolle oder bei der Anfahrt ist man schon etwas nervös oder hat ein mulmiges Gefühl.»
Hintermann ist sich bewusst, dass er derzeit zwar als «krebsfrei», aber noch nicht als «geheilt» gilt: «Das ist erst der Fall, wenn nach fünf Jahren Kontrolle immer noch nichts zu sehen ist.» Und dann ist erstmal genug mit diesem Thema: «Geniessen wir doch einfach die Sonne!»