Andy Evers, welche Pläne haben Sie für den 13. Januar 2018?
Ich hoffe, dass dann einer aus unserem Team die Lauberhorn-Abfahrt gewinnen wird (lacht).
Dieses Datum hat für Sie noch eine andere Bedeutung: Sie können dann Ihren 50. Geburtstag feiern.
Ach ja, man wird wieder ein Jahr älter... Bei der Durchsicht der Planung realisierte ich zufällig, dass die beiden Ereignisse zusammenfallen. Natürlich wäre es ein schönes Geschenk, wenn dann unsere Abfahrer zuschlagen könnten.
Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe als Speedtrainer bei Swiss-Ski?
Neben Österreich ist die Schweiz eine Ski-Topnation. Hier tätig sein zu können, ist einerseits eine grosse Ehre, andererseits erwartet mich eine grosse Herausforderung. Ich orte in der Schweiz sehr viel Potenzial auf der Speedseite. Es bedarf indes noch einiges an Arbeit, um in breiter Dichte nach vorne preschen zu können. Aber genau dies macht den Reiz aus.
Im Winter 2012/13 schlugen Sie die gleiche Anfrage noch aus. Weshalb kam es zum Sinneswandel?
Meine damalige Absage hatte mehrere Gründe. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt erst eine Saison in den USA gewirkt, die Arbeit dort war noch nicht vollendet. Auch private Faktoren spielten mit. In den letzten beiden Jahren konnte ich zusammen mit Tina Weirather eine interessante Erfahrung im Frauenbereich sammeln. Jetzt erscheint mir der Zeitpunkt reif für nochmals etwas Neues.
Worin unterscheidet sich die Arbeit mit Frauen oder mit Männern?
Der Zugang zum Athleten ist schon ein anderer. Mit Frauen spricht man anders als mit Männern, denn sie können sensibler sein. Ein Mann ist diesbezüglich einfacher zu handhaben. Man muss bei der Wortwahl sicher nicht zu sehr überlegen. Aber im Training ist die Arbeit ähnlich. Schliesslich geht es in jedem Fall darum, als Schnellster im Ziel zu sein.
Auch wenn man nicht unbedingt darüber spricht, haben wir im Kopf, bei Olympia die eine oder andere Medaille gewinnen zu wollen.
Welche Ziele verfolgen Sie mit den Schweizern?
Im Speedbereich ist zuletzt vieles an Beat Feuz und Carlo Janko gehängt. Viele andere Jungs haben zwar auch das Potenzial, fahren aber zu wenig konstante Top-Ergebnisse im Weltcup ein. Es wird Zeit in Anspruch nehmen, bis wir wieder stärker und breiter vorne vertreten sind. Aber das muss das Ziel sein. Ohne Namen nennen zu wollen, mache ich ein paar Kandidaten dafür aus, die diesen steilen Weg gehen und sich über die Startnummer nach vorne arbeiten können. Wenn es beim einen oder anderen Burschen schneller geht, nimmt das Druck. Doch man muss auch damit rechnen, dass gerade sie noch Erfahrungen sammeln müssen und Lehrgeld bezahlen werden.
Aber letztlich werden Sie an Resultaten gemessen...
Klar wollen wir im Weltcup wieder Rennen gewinnen, das hat letzte Saison nicht geklappt. Auch wenn man nicht unbedingt darüber spricht, haben wir im Kopf, bei Olympia die eine oder andere Medaille gewinnen zu wollen.
Ich wollte damals das Gute im Menschen sehen und habe eine bittere Lektion daraus gelernt.
Mit welchen Eigenheiten des Schweizers wurden Sie schon konfrontiert?
Der Schweizer ist nicht viel anders als der Österreicher. Zumal ist es ja spannend, mit dieser Individualität umzugehen. Der Amerikaner, vor allem jener aus dem Westen, hebt sich mehr ab. Sie geben sich viel lockerer, in jedem zweiten Satz wird ein «Fun» eingeflochten. Zumindest gegen aussen wirkt das so. Aber auch sie arbeiten natürlich genauso hart und konsequent.
Wie charakterisieren Sie sich als Coach. Sind Sie der Typ «harter Hund»?
Nein, das glaube ich nicht. Aber ich verlange sehr wohl Professionalität in allen Bereichen. Die Fahrer sollen sich tagtäglich verbessern und das Maximum herausholen.
In Ihrer Trainerkarriere gab es Ende 2012 einen Bruch. Wegen einem privaten Gelddelikt wurden Sie verurteilt und trugen während 3 Monaten Fussfesseln. Was haben Sie daraus gelernt?
Man sollte in gewissen Dingen nicht zu gutgläubig sein, auch blindes Vertrauen zu schenken ist nicht immer das Beste. Ich wollte damals das Gute im Menschen sehen und habe eine bittere Lektion daraus gelernt.
Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde im Vorfeld der Speed-Rennen in Lake Louise geführt.
Sendebezug: SRF zwei, «sportlive», 25.11.2017 20:10 Uhr