Das Quecksilber meint es aktuell gut mit denen, die Ferien haben: Ausspannen und der Hitze in der Badi trotzen, heisst die Devise. Nicht so für Marco Odermatt, auch wenn die neue Ski-Saison auf dem Rettenbachgletschter oberhalb von Sölden erst Ende Oktober beginnt.
Für den vierfachen Gesamtweltcupsieger gilt es, im Sommer die Basis für den nächsten Winter zu legen. Die letzten Monate seien sehr gut gelaufen, und vor allem sei er «gesund durch den Sommer gekommen, das ist immer die Priorität, damit man das ganze Training durchziehen kann», erzählt der 27-Jährige am Montagmittag nach seiner Einheit im Fitnessstudio in Stans.
Alles muss trainiert werden
Da sein körperliches Niveau bereits sehr hoch gewesen sei, habe sein Fokus keiner bestimmten Körperpartie gegolten. Vielmehr sieht Odermatt die grösste Challenge in seinem Beruf: «Bei uns Skifahrern, wo unterschiedliche Bereiche wie Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination und Mobilität gefragt sind, geht es darum, dass man sich nicht irgendwo verbessert und gleichzeitig in einem anderen Bereich einbüsst.»
Trainiert wird meist individuell nach den Plänen von Konditionstrainer Alejo Hervas, der die Gruppe um den Nidwaldner seit einem Jahr betreut. «Wir haben in den letzten 3 Monaten etwa 5 Wochen gemeinsam trainiert, entweder in Spanien (Hervas' Heimat; Anm. d. Red), in der Schweiz oder in Salzburg (beim Sitz seines Hauptsponsors Red Bull; Anm. d. Red.) – und sonst auch mal per Videocall», sagt Odermatt. Im Fitnessstudio kreuzt er auch immer wieder die Wege seiner Teamkollegen Lenz Hächler, Marco Kohler und Joel Lütolf.
Sättigung ist spürbar
Ob er seine Kraftwerte – wie in den letzten Jahren jeweils – heuer noch einmal toppen kann, weiss der 27-Jährige noch nicht. «Die Tests im Juni waren aber sehr, sehr gut, da war ich mehr als zufrieden. Ob ich die Steigerung weiterziehen kann, sieht man dann spätestens im Oktober, wenn es Richtung Rennstart mit Maximalkraft geht und man noch einmal 2, 3 Kilo mehr auf der Hantelstange hat.» Gleichzeitig schränkt der Skistar ein: «Wegen 2, 3 Kilo mehr auf der Hantel fährt man nicht schneller oder langsamer Ski. Aber für den Kopf ist es natürlich sehr gut.»
Apropos Kopf: Hier droht für Odermatt wohl die grösste Gefahr. Nach 4 Wintern, in denen er meist unangefochten den Gesamtweltcup gewinnen konnte, «ist eine Sättigung schon spürbar», gibt er zu. «Gerade bei den Sachen, die man am wenigsten gerne macht, wie Intervalltrainings auf dem Velo, bei denen man sich voll auspowern muss. Da gibt es schon die Momente, in denen man sich fragt, wieso man das tut. Und gleichzeitig weiss man es ja eigentlich.»
Motivation findet Odermatt auch bei seinen jungen Teamkollegen, die in jedem Training Vollgas geben. «Es pusht mich sehr, mit ihnen zu trainieren. Ich kann ihre Frische aufnehmen, das gibt mir Motivation.» Für den Moment ist diese jedoch gar nicht mehr gefragt. Schon am Montagabend ging es für die Gruppe nach Zermatt, wo der nächste Teil der Vorbereitung ansteht. Auf Schnee, auf dem Odermatt niemand etwas vormachen kann.