Der kürzlich publizierte internationale Patent Index 2023 zeigt, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern die höchste Erfinderdichte hat.
Im Sektor Medizintechnik hat dies Tradition, der Ursprung liegt im letzten Jahrhundert. Aus dem Umfeld der Uhrenindustrie entstanden medizintechnische Pionierleistungen: Das künstliche Hüftgelenk etwa wurde massgeblich in der Schweiz entwickelt.
Verankert und gefördert
Stark verankert und stark gefördert, so ist die Medizintechnik – kurz Medtech – in der Schweizer Forschungslandschaft positioniert.
Die Infrastruktur ist überdurchschnittlich gut, deshalb zieht Medtech auch überdurchschnittlich viele pfiffige, erfinderische Leute an. Das alles treibt auch heute noch den Erfindergeist an – und schafft Raum für weitere, möglicherweise bahnbrechende Innovationen.
Rein digitale Operationen
Philippe Cattin etwa ist Leiter des Departments of Biomedical Engineering der Universität Basel in Allschwil. Sein Team hat eine Plattform entwickelt, dank der Neurochirurgen des Unispitals Basel mit einer Virtual-Reality-Brille bestimmte Eingriffe planen.
Mit der gleichen Software werden nun auch massgeschneiderte Implantate entworfen, etwa am Schädel. Die Knochen-Implantate kommen aus einem 3D-Drucker. Gewisse Operationen sollen in Zukunft rein digital geplant und umgesetzt werden, mithilfe von künstlicher Intelligenz.
Basel ist wie Boston
Das Departement gilt als Innovations-Hotspot. Es ist erst zehn Jahre alt, in dieser Zeit haben die Basler 35 Erfindungen patentieren lassen, bereits 15 Start-ups sind entstanden.
Wenn man auf die Biowissenschaften schaut, kann sich Basel mit Boston und anderen Städten vergleichen.
Der Standort sei optimal, sagt Philipp Cattin, Leiter des Departements. «Wenn man auf die Biowissenschaften im Allgemeinen schaut – mit Pharma und Medtech –, ist die Grösse einmalig hier. Basel kann sich mit Boston und anderen Städten vergleichen.»
Herzklappe ohne Nachteile
Auf dem Campus des Inselspitals Bern ist das ARTORG Center for Biomedical Engineering Research beheimatet. Auch hier entstehen medizintechnische Innovationen, zum Beispiel in der Forschungsgruppe von Dominik Obrist, Professor für kardiovaskuläre Technik.
Im Herz-Simulator testet er künstliche Herzklappen, die keine Blutgerinnsel verursachen. «Denn das ist eines der Probleme von Herzklappen. Dann müssen Patienten starke Medikamente einnehmen, um die Blutgerinnung zu verhindern.»
Erfolgsgeheimnis Integration
Entwickelt hat diese blutfreundliche Herzklappe eine Firma in Lausanne, mit der Obrists Gruppe seit Jahren zusammenarbeitet. Das Patent liegt in diesem Fall bei der Firma. Aber auch Dominik Obrist hat Erfindungen patentieren lassen.
Wir haben hier die wunderbare Situation, dass wir sehr eng integriert sind. In die Ärzteschaft, in die medizinische Fakultät, in den Inselcampus. Das erlaubt uns, so produktiv zu sein.
Die enge Zusammenarbeit aller am Inselcampus sei ein Grund für den Erfolg: «Wir haben hier die wunderbare Situation, dass wir sehr eng integriert sind. In die Ärzteschaft, in die medizinische Fakultät, in den Inselcampus. Das erlaubt uns, so produktiv zu sein.» Davon profitierten am Ende die Patienten.
Grosser Unternehmergeist
Damit aus Innovationen Produkte entstehen, braucht es Start-ups, die aus der Forschung hervorgehen und die Erfindungen weitertreiben.
Vieles ist eine Frage des Geldes. Zum Schweizer Erfolg gehören aber auch Mut und Unternehmergeist, was Forschende hierzulande beweisen.