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Ein Wanderer bewundert das Walliser Bergpanorama
Legende: Wandern ist nicht nur gesund, es verschafft einem auch unvergessliche Momente. imago

Bergunfälle Wanderfreuden, Wandertücken

Jedes Jahr verunglücken rund 9000 Personen in den Schweizer Bergen. Meist ist nicht falsches Schuhwerk der Hauptgrund, sondern Überschätzung, Konzentrationsmangel und schlechte Vorbereitung.

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Geschätzt jeder vierte Schweizer tut es: Wandern ist der Volkssport Nummer eins. Dass es bei dieser Masse an Menschen auch zu Unfällen kommt, liegt auf der Hand. Ein Stein, eine Wurzel oder rutschiges Gelände können, besonders an Steilhängen, zu folgenschweren Stürzen führen. Von den rund 9000 Personen, die jährlich in den Bergen verunglücken, verloren im letzten Jahr 65 ihr Leben.

Mit guter Ausrüstung und Vorbereitung ist Wandern jedoch der perfekte Gesundheitssport. Schon ein Tempo von vier bis sechs Kilometern pro Stunde zeigt positive Gesundheitseffekte. Wer mit Rucksack zügig geht, verbraucht pro Stunde etwa 270 Kilokalorien mehr Energie als im Büro am Schreibtisch oder zu Hause vor dem Fernseher.

Dafür muss es keine aufwändige Ganztages-Tour im Gebirge sein. Die gelben Wanderwegweiser sind oftmals schon ganz nah am eigenen Wohnort oder nur ein paar Busstationen entfernt zu finden.

Ein Sport fürs ganze Leben

Noch zu jung oder schon zu alt ist man fürs Wandern nie. Die Forschung der letzten Jahre hat deutlich gemacht, dass Bewegung kaum gesundheitliche Depotwirkung hat. Das heisst: Wer mit 30 Jahren Ausdauersportler war, hat mit 50 nichts mehr davon, falls er sich in der Zwischenzeit nicht mehr ausreichend bewegt hat. Auf der anderen Seite ist es nie zu spät, den ersten Schritt zu machen. Zudem baut Bewegung in der freien Natur Stress ab. Wer folgende fünf Punkte berücksichtigt, kommt entspannt und fit wieder nach Hause:

1. Die richtigen Wege

Die Wege sind in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt:

  • Wanderwege – gelbes Schild (keine besonderen Anforderungen)
  • Bergwanderwege – weiss-rot-weisses Schild (schmal, steil, exponiert; Trittsicherheit und Schwindelfreiheit zwingend erforderlich)
  • Alpinwanderwege – weiss-blau-weisses Schild (wegloses Gelände, Gletscher, kleine Kletterstellen; Gebirgserfahrung nötig)

2. Die richtige Ausrüstung

Das gehört in jeden Rucksack:

  • Hohe Wanderschuhe mit Profilgummisohle. Vorsicht mit Imprägnier- und anderen Pflegemitteln! Gelangen Fett, Öl oder Lösungsmittel auf die Sohle, wird sie rutschig und bietet kaum besseren Halt als nackte Füsse. Abgelaufene Sohlen sollten rasch ersetzt werden.
  • Wind-, Kälte- und Regenschutz
  • Kartenmaterial
  • Proviant, Getränke, Taschenmesser
  • Sonnenschutz: Hut, Brille, Creme. Sonnenstrahlen werden im Gebirge weniger absorbiert und abgelenkt, weil bei schönem Wetter der Wasserdampfgehalt der Luft geringer ist. Schnee steigert diese Dosis noch einmal. Den besten Schutz vor Sonnenbrand bietet eine lange Hose, ein langärmliger Pulli, Hut und Sonnenbrille. Ärmellose T-Shirts und kurze Shorts sind in den Bergen nicht ideal – auch aus Schlechtwettergründen.
  • Wanderstöcke
  • Für den Notfall: Taschenapotheke, Rettungsdecke, Taschenlampe, Handy, Trillerpfeife

3. Die richtige Verpflegung

Trinken: An oberster Stelle auf jeder Proviantliste sollte die Trinkflasche stehen – am besten leicht erreichbar in einer Aussentasche verstaut. Schon ein halber Liter Flüssigkeitsdefizit kann die Ausdauer spürbar vermindern. Beträgt der Wasserverlust über sechs Prozent des Körpergewichts, kann es sogar zu Schwindel, Atemnot, Erbrechen und Muskelkrämpfen kommen.

Wander-Profis nehmen deshalb alle 15 bis 20 Minuten ein bis zwei Deziliter Flüssigkeit zu sich – bereits bevor sie durstig sind. Gut geeignet sind Wasser, ungesüsster Kräuter- oder Früchtetee und Fruchtsäfte, die mit der dreifachen Menge Wasser verdünnt sind.

Auch wenn kühles Wasser aus Brunnen lockt: Sicher trinkbar ist es nur dann, wenn der Brunnen von der Gemeinde gewartet wird. Anzeichen dafür ist ein Standort in einem Dorf oder Blumenschmuck. Alle anderen Brunnen am Wanderweg sind für Vieh gedacht und führen kein Trinkwasser. Auch klare Gebirgsbäche können Darmbakterien führen, die Durchfall und Erbrechen auslösen. Brunnen auf Privatgrund, wie auf Bauernhöfen, müssen nicht gekennzeichnet sein, wenn sie kein Trinkwasser führen.

Beim «Brätle» am offenen Feuer sollte die Wurst genügend Abstand zur Glut haben, damit sie nicht ankohlt. Denn wenn Fett verbrennt, können sich krebsfördernde Stoffe bilden.

4. Die richtige Technik

Vor allem bergab wirken auf die Knie grosse Kräfte. Dadurch ermüdet die Beinmuskulatur schnell und kann die Stösse nicht mehr richtig dämpfen.

Vielen tun deshalb die Knie weh. Teleskopartig verstellbare Wanderstöcke sollen das Problem lindern. Am meisten entlasten Stöcke bergab: Zehn Prozent Kraft lassen sich so sparen. Bergauf sind es bis zu acht Prozent. Auf ebenen, geraden Strecken ist der Effekt gering und liegt sogar beim Profi unter drei Prozent.

Vorteile der Wanderstöcke:

  • Besserer Kniewinkel durch vorgebeugten Oberkörper
  • Geschwindigkeit wie auf der Ebene möglich
  • Gleichmässigere Belastung von Armen und Beinen beim Bergaufgehen (sogenanntes 4x4 Prinzip)
  • Der Kalorienverbrauch lässt sich mit Stöcken um bis zu zehn Prozent steigern
  • Unterstützung der Trittsicherheit und Balance beim Traversieren (durch Kürzerfassen des bergseitigen Stocks)
  • Hilfreich bei der Überschreitung von Bächen, da Abstützen auch an unter der Wasseroberfläche liegenden Punkten möglich
  • Bei Querung hart gefrorener Firnfelder können Stöcke zusätzlichen Halt bieten. Sie ersetzen aber keinen Pickel!

Nachteile der Wanderstöcke:

  • Die Hände sind nicht mehr frei. Dies ist vor allem an gesicherten Passagen hinderlich, dort müssen die Stöcke verstaut werden.
  • Bei Sturz in grobem Blockwerk kann es durch Verkanten des Stocks und die Handschlaufen zu Handgelenksbrüchen kommen.
  • Sind die Stöcke im Dauereinsatz, werden das Gleichgewicht und die Trittsicherheit nicht trainiert. Darum sollte man von Zeit zu Zeit die Stöcke am Rucksack verstauen.

5. Die richtige Reaktion in Notlagen

Bei einem Unfall:

  • Alarmieren: REGA 1414 oder Ambulanz 144 (in den Bergen kann der Handyempfang gestört sein)
  • Versorgen Sie Verletzte mit lebensrettenden Sofortmassnahmen, zum Beispiel mit der stabilen Seitenlage oder durch Stillen der Blutung
  • Lassen Sie Verletzte nicht allein.
  • Vergessen Sie Ihre eigene Sicherheit nicht, um Folgeunfälle zu vermeiden.

Für eine Bergung:

  • Markieren Sie die Unfallstelle gut sichtbar.
  • Geben Sie dem Rettungspersonal klare Zeichen.
  • Für das internationale Notrufzeichen sechs Mal in der Minute ein Zeichen geben (zum Beispiel rufen, blinken, Tuch schwenken, Pfiffe mit Trillerpfeife) und nach einer Minute wiederholen. Als Antwort drei Zeichen pro Minute.

Risiko Höhenkrankheit

Die akute Höhenkrankheit kann je nach Typ bei einem raschen Aufstieg auf über 2500 Meter auftreten («too high, too fast»). Sie äussert sich in Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Erbrechen und Schwindel.

Besonders in grosser Höhe können sich auch Lungen- und Hirnödeme bilden. Vorbeugen lassen sich diese Komplikationen durch einen langsamen Aufstieg, Pausen und ausreichend Zeit zur Akklimatisation.

Einer der wichtigsten Faktoren ist das tiefere Sauerstoffangebot (Hypoxie) in grosser Höhe bei tiefem Druck. Zwischen 2000 und 4000 Metern Höhe kann der Organismus die äusseren Veränderungen in der Regel noch kompensieren. Darüber jedoch kann es ohne Akklimatisation zu erheblichen Störungen kommen, ab 7000 Metern sogar zum Tod (Dekompensation).

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