SRF: Was raten Sie Familien, die bei Grosseltern auf Widerstand stossen, obwohl die Fahrtüchtigkeit aus Sicht der Familie nicht mehr gegeben ist?
Dr. Rolf Seeger: Manchmal hilft es, die betreffende Person in mehreren geduldigen Gesprächen mit Aufzeigen von Alternativen wie zum Beispiel Fahrdienste, Taxis, öffentlicher Verkehr oder Transporte durch die Angehörigen zur Vernunft zu bringen.
Was, wenn die Angehörigen nicht zu überzeugen sind?
Die fehlende Einsichtsfähigkeit ist oft ein Symptom einer Hirnleistungsstörung. Kontaktieren Sie darum den Hausarzt und schildern Sie ihm die Auffälligkeiten beim Autofahren. Falls Sie selber den Eindruck haben, dass die Hirnleistung Ihres Angehörigen nicht mehr normal ist, äussern Sie den Wunsch nach einer entsprechenden Abklärung, beispielsweise an einer Memory-Klinik.
Was passiert dann?
Der Hausarzt hat jederzeit die Möglichkeit, eine Meldung an das Strassenverkehrsamt zu machen. Das Amt leitet anschliessend eine verkehrsmedizinische Abklärung ein. Als letzter Ausweg verbleibt die Möglichkeit einer Meldung ans Strassenverkehrsamt durch die Angehörigen selber – ein solches Vorgehen belastet jedoch die Beziehung zur betroffenen Person oft erheblich.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, das «Billett» freiwillig abzugeben?
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten gesunden Fahrer und Fahrerinnen im Alter zwischen 80 und 85 ihre Leistungsgrenzen als Autofahrer erreichen. Einige im Alter immer häufiger auftretende Erkrankungen wie beispielsweise eine beginnende Demenz, durchgemachte Schlaganfälle oder auch Augenkrankheiten können die Fahreignung aber bereits in einem früheren Alter aufheben.
Gibt es noch weitere Merkmale?
Neu beim Fahren auftretende Schwierigkeiten, beispielsweise bei komplexen Verzweigungen, Spurwechseln oder beim Fahren nach Wegweisern sind Warnsignale. Allerdings bemerken viele betagte Fahrzeuglenkende ihre zum Teil gravierenden Fahrfehler selber nicht, darum sollten entsprechende Hinweise von Angehörigen oder Umgebungspersonen ernst genommen werden.