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H5N1-Ausbruch in Rindern Vogelgrippe bei Milchkühen in den USA: Was Sie wissen müssen

Wieso beim Konsum pasteurisierter Milch keine Gefahr besteht, die Verbreitung auf Kuhherden aber besorgniserregend ist. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Darum geht es: Seit März 2024 wird von H5N1-Ausbrüchen bei Milchkühen in den USA berichtet . Mittlerweile ist bekannt, dass das Vogelgrippevirus in mindestens 36 Rinderherden in neun US-Bundesstaaten zirkuliert. Diese Fälle hat die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA dank einer landesweiten Untersuchung von Supermarktmilch identifiziert. In rund 20 Prozent der getesteten Milchproben fanden sich Bestandteile des Vogelgrippevirus. Bei den betroffenen Kühen äussert sich die Infektion durch Appetitlosigkeit und einen Rückgang der Milchleistung. 

Weshalb herkömmliche Milch unbedenklich bleibt: Für die Allgemeinbevölkerung schätzt die US-Gesundheitsbehörde CDC das Risiko, an Vogelgrippe zu erkranken, als gering ein. Sie rät, keine Rohmilch oder Rohmilch-Produkte zu konsumieren. Herkömmliche Supermarktmilch hingegen stelle keine Gefahr dar, da die Viren bei der Pasteurisierung abgetötet werden. Die in der Milch zurückbleibenden genetischen Virusfragmente seien nicht in der Lage, eine Infektion zu verursachen.  

Wieso die Situation trotzdem besorgniserregend ist: Es sind nicht primär die in der Milch nachgewiesenen Virusfragmente, die Sorgen bereiten. Vielmehr ist es der Fakt, dass sich Rinder überhaupt mit dem Vogelgrippevirus anstecken. Denn jeder neue Säugetierwirt kann das Virus dem Menschen ein Stück näherbringen. 

Wie wahrscheinlich eine Übertragung von Rindern auf Menschen ist: Der FDA zufolge ist bislang kein Anstieg der Vogelgrippefälle beim Menschen zu beobachten. Bislang gebe es weiterhin nur einen offiziellen Fall, bei dem sich ein Mensch nach dem direkten Kontakt mit vermutlich infizierten Rindern angesteckt hat. Die Infektion äusserte sich bei der betroffenen Person durch eine Bindehautentzündung. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO hat das dafür verantwortliche Virus keine Mutationen erworben, die eine Übertragung auf Menschen erleichtern würden. 

Was das H5N1-Virus auszeichnet

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Grippeviren, auch Influenzaviren genannt, werden nach ihren spikeartigen Oberflächenstrukturen in Subtypen kategorisiert. Diese Spikes werden bei Influenza-A-Viren durch die Virusproteine Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) gebildet. Insgesamt sind 18 verschiedene Hämagglutinine und neun Neuraminidasen bekannt.  

Bei der Infektion einer Wirtszelle vermitteln Hämagglutinine die Anheftung des Virus an die Zelle und erleichtern sein Eindringen in die Zelle. Damit sind Hämagglutinine für eine Ansteckung entscheidend.

Neuraminidasen hingegen sind massgeblich für die Pathogenität eines Virus. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Virusvermehrung, also der Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Zelle.  

Das Influenza-A-(H5N1)-Virus, einer der Erreger der Vogelgrippe, ist ideal auf Geflügel und Vögel angepasst. Säugetiere sind weniger empfänglich für das Virus, wurden aber in den vergangenen Jahren ebenfalls gelegentlich infiziert.

Bislang gibt es nur wenige Berichte über die Übertragung zwischen Säugetieren. Grosse, durch das H5N1-Virus verursachte Todesfälle bei Meeressäugern, Infektionen in mehreren Pelztierfarmen in Finnland und Nerzen in Spanien deuten aber auf eine Ausbreitung von Säugetier zu Säugetier hin. Direkte Beweise fehlen bislang.

Wieso die H5N1-positiven Kühe überraschen: Dass sich die aktuell grassierende Vogelgrippe auch auf Säugetiere übertragen kann, war bereits bekannt. Besonders empfänglich für das Virus sind etwa Nerze oder marine Säuger wie Seelöwen. Rinder hingegen galten bisher nicht als Wirt des Vogelgrippevirus.

Was über die Übertragungswege bekannt ist: Wahrscheinlich ging die erste Übertragung auf Rinder von Wildvögeln aus. Wie sich das Virus zwischen Kühen verbreitet, ist noch weitgehendst unbekannt. Erste Hinweise deuten auf eine Infektion des Euters hin. Das Virus könnte also beispielsweise über Melkgeräte auf andere Tiere übertragen werden. Aber auch eine Kuh-zu-Kuh-Übertragung über die Atemwege ist nicht auszuschliessen. 

Lage in der Schweiz: Hierzulande gab es bei Vögeln seit Juli 2023 nur einen bekannten H5N1-Fall – einen Höckerschwan im Kanton Zürich Anfang Januar 2024. Bislang sind in der Schweiz keine Fälle von H5N1 in Rindern oder anderen Säugetieren bekannt. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) erachtet das Risiko, dass Ansteckungen bei Kühen in der Schweiz auftreten, derzeit als sehr gering. Dass das Virus inzwischen bei verschiedenen Säugetieren auftritt, sei laut BLV aber besorgniserregend. Deshalb verfolge das Bundesamt die Entwicklung genau.

Echo der Zeit, 2.5.2024, 18:00 Uhr

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