Der Kopf brummt, der Magen brennt. Was hat sich die Evolution mit dieser Reaktion auf zu viel Glühwein oder Bier gedacht? In der Wissenschaft eine eindeutige Antwort zu finden, ist schwierig. Bis heute sind sich Mediziner und Physiologinnen nämlich uneinig, was einen Kater auslöst.
Wir haben für Sie die wichtigsten Kater-Fakten zusammengefasst.
Mögliche Kater-Erklärungen
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Andrew Scholey etwa, Professor für Verhaltens- und Hirnforschung, an der Swinburne University of Technology in Melbourne, hat in einer
Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2016
den Stand der Forschung zusammengefasst:
Ein Stoff, den Expertinnen schon lange als Kater-Booster im Blick haben, ist Azetaldehyd. Dieses Stoffwechselabbauprodukt, entsteht in der Leber, wenn Alkohol abgebaut wird. Azetaldehyd ist giftig. Bis es in Essigsäure umgewandelt und schliesslich über die Blase ausgeschieden wird, kann es seine toxische Wirkung im Körper entfalten. Allerdings ist die Korrelation von Stoffkonzentration zur Intensität des Katers nicht eindeutig. Und: Die Menge ist eher gering. Azetaldehyd scheint also nur teilweise verantwortlich zu sein.
Laut Scholey und seinen Kolleginnen könnten die durch den Alkoholabbau entstehenden freien Sauerstoffradikale – auch oxidativer Stress genannt – dahinterstecken. Sie haben einen Einfluss aufs Immunsystem, schädigen Zellen, verändern Proteine und sogar das Erbgut.
Ausserdem verändert Alkohol die Konzentration bestimmter Hormone im Körper. Die Ausschüttung von Vasopressin wird beispielsweise gehemmt. Dieses Hormon reguliert unter anderem den Flüssigkeitshaushalt, indem es der Wasserausscheidung entgegenwirkt. Deshalb führt Alkoholkonsum zu stärkerem Harndrang. Der Körper verliert zu viel Flüssigkeit. Das Hormon Aldosteron, das Wassereinlagerungen und den Elektrolythaushalt reguliert, nimmt zu. Der Wasseranteil im Blut erhöht sich, der Blutdruck steigt und damit auch der Wasserbedarf des Körpers. Diese Vorgänge können zur Dehydration führen.
Wird der Kater im Alter schlimmer?
Früher war alles besser – sogar Ihre Kater-Resistenz? Aus wissenschaftlicher Sicht ist das möglich. Aber: Meist stellt sich das «erst» mit 40 Jahren ein. Dann befinden sich in unserer Leber nämlich weniger alkoholabbauende Enzyme als etwa mit 20. Es dauert also länger, bis der Alkohol abgebaut wird.
Dazu kommt, dass viele Menschen im Alter empfindlicher auf Sulfite und Tannine reagieren. Sulfite sind natürliche Konservierungsmittel, Tannine pflanzliche Gerbstoffe – beide kommen in Wein vor. Und den trinken viele erst in fortgeschrittenem Alter.
Gibt es Alkohol, der besonders katerfördernd ist?
Je reiner ein Getränk ist, desto geringer fällt der Kater aus. Darauf weisen Studien hin, bei denen ein Teil der Teilnehmenden Wodka (sehr rein) und ein Teil Bourbon (sehr reich an Begleitstoffen) süffeln musste. Letzterer, auch bekannt als «Fuselalkohol», enthält viel Propanol und Methanol – bei deren Abbau besonders viele katerfördernde Stoffe entstehen sollen.
Hilft das Konterbier wirklich?
Auf den ersten Blick zeigen Untersuchungen der «Alcohol Hangover Research Group», dass Konterbier hilft – zumindest zwischenzeitlich. Denn Kopfschmerzen, Übelkeit und Benommenheit erreichen ihren Höhepunkt, wenn der Alkoholspiegel im Körper gerade auf null gesunken ist. Deshalb fühlen sich viele beim Aufstehen noch relativ gut. Wer vor dem darauffolgenden Tief ein Konterbier (oder anderes alkoholisches Getränk) trinkt, kann den Kater hinauszögern – aber langfristig nicht mildern.
Das Konterbier in der Wissenschaft
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Wie oben beschreiben, spaltet ein Enzym das Methanol, das in vielen Alkoholsorten enthalten ist, in Ameisensäure und Formaldehyd auf. Um den Abbau zu verhindern und damit den Kater, hilft es Alkohol zu trinken. Der Trinkalkohol Ethanol benötigt für seinen Abbau dasselbe Enzym wie Methanol. Der entscheidende Unterschied: Ethanol wird von unserem Körper bevorzugt. Erst wenn es nicht mehr aus Bier oder Schnaps nachfliesst, kommt das Methanol an die Reihe. Bis dahin sammelt es sich an.
Wer nun morgens in Massen wieder Alkohol trinkt, kann den Methanolabbau hinauszögern. Nur: Irgendwann kommt die Zeit – und damit der Kater.
Helfen Elektrolyte gegen Kater?
Die kurze Antwort: Jein. Die Lange gibt's in diesem Video.
Was ist mit der Anti-Kater-Pille?
Zwei Pillen einschmeissen, bevor man Alkohol trinkt und kein Kater plus Leberschutz - das verspricht eine Wunderpille aus Grossbritannien, die seit Juli auch in der Schweiz erhältlich ist. Aber was ist dran?
Myrkl – die Anti-Kater-Wunderpille?
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Zunächst handelt es sich bei der Pille um ein Nahrungsergänzungsmittel und kein Medikament. Die Wirkung musste also nicht wissenschaftlich geprüft und durch Behörden zugelassen werden.
Die Inhaltsstoffe scheinen unspektakulär: Aminosäure L-Cystein – wichtig für Haut und Haar – B12 und die Bakterienstämme Bacillus subtilis und Bacillus coagulans. Bei der Studie, die vom Hersteller zitiert wird, hat dieser Cocktail funktioniert – kein Kater. Nur: Es gab lediglich 24 Teilnehmende und die Studie wurde unter anderem vom Hersteller der Pillen und dem Gründer der dazugehörigen Firma durchgeführt. Ob diese Ergebnisse unabhängig sind, ist also fraglich.
Wie wichtig ist die Reihenfolge?
Forschende der Universität Witten/Herdecke haben die bekannte Strategie zur Katervermeidung erforscht. Ihre Erkenntnis: Für den Kater spielt es keine Rolle, in welcher Reihenfolge man Bier und Wein trinkt.
Studien-Teilnehmende tranken an zwei Abenden nur Wein oder Bier und wechselten bei 0,5 Promille Alkohol im Blut auf das andere Getränk. Ohne Unterschied am Morgen danach.
Helfen Pasta oder Pommes gegen den Kater?
Wer vor dem Trinken fettiges Essen zu sich nimmt, wird zwar gefühlt langsamer betrunken, der Alkohol gelangt aber nur langsamer ins Blut. Der Kater bleibt. Dasselbe gilt für kohlenhydratreiche Pommes und Pasta: Wer viel davon isst, muss sich laut einigen Ratgebern keine Sorgen vor Kopfschmerzen machen, da auch Kohlenhydrate Alkohol
einfach wie ein Schwamm aufsaugen sollen.
Letzte Hilfe Schmerzmittel?
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Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen sind übrigens bei Kater-Kopfschmerzen besser geeignet als Paracetamol. Ethanol und Paracetamol sind beide nicht besonders leberfreundlich. Sie werden teilweise über dasselbe Enzym in der Leber abgebaut, was den Alkoholabbau verlangsamen und die schädliche Wirkung auf die Leber verstärken kann.
Nur: Bevor sie im Magen landen, werden Lebensmittel zerkaut. Es ist also kein Schwamm mehr übrig, der den Alkohol «aufsaugt». Selbst wenn wir die Nudeln unzerkaut herunterschlucken würden, gelangte der Alkohol ins Blut.
Und jetzt?
So unbefriedigend es klingt: Weniger Alkohol – und zwischendurch immer wieder ein Glas Wasser trinken.
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