Bisher konnte man Trinkwasser einfach trinken. Doch Wasserfachleute finden immer mehr Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser. Wo Grenzwerte überschritten werden, braucht es Lösungen. So auch in Worben im Berner Seeland.
Dort ist vor allem Chlorothalonil ein Problem, ein Fungizid, das seit den 70er-Jahren in der Schweiz breit in der Landwirtschaft angewendet wurde. Seine Abbauprodukte sind wahrscheinlich krebserregend, das zeigen Tierversuche.
Wasser wird zur schwarzen Brühe
Doch nun kommt in Worben eine innovative Reinigungsanlage zum Einsatz. Roman Wiget ist der Geschäftsführer der Seeländischen Wasserversorgung Worben, Ingenieur und treibende Kraft hinter der Anlage.
Er öffnet eine Luke und zeigt in ein noch leeres Becken mit einem Rührstab, der von der Decke hängt. «Hier schwimmt bald eine schwarze Brühe», sagt Wiget, «denn das verschmutzte Grundwasser, das wir unter den Feldern hervorpumpen, wird mit superfein gemahlener Aktivkohle versetzt.»
Die Mahlung macht den Unterschied
Aktivkohle-Filter zur Wasserreinigung gibt es schon lange. Eine entscheidende Neuerung hat die Anlage nun aber wirtschaftlich gemacht. Hier kommt Florence Bonvin ins Spiel von der Firma Membratec in Sierre im Wallis. Sie hatte die Idee, die Aktivkohle, die normalerweise in Sandkorngrösse vorliegt, milliardenfach kleiner zu mahlen.
So funktioniert die Wasser-Reinigung
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Bild 1 von 5. Mit dieser Maschine wird die Aktivkohle gemahlen: Florence Bonvin und Roman Wiget waren massgeblich an der neuen Anlage beteiligt. Bildquelle: Christian von Burg.
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Bild 2 von 5. In einem Mischbecken wird die Aktivkohle ins Wasser gebracht und verrührt. Bildquelle: Christian von Burg.
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Bild 3 von 5. Vier Gramm Aktivkohle reichen, um 1000 Liter Trinkwasser zu reinigen. Bildquelle: Florence Bonvin.
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Bild 4 von 5. Die Aktivkohle mit den Abbauprodukten der Pflanzenschutzmittel wird in dieser Ultrafiltrationsanlage wieder zurückgehalten. Bildquelle: Christian von Burg.
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Bild 5 von 5. Nach diesem Prozedere werden die Grenzwerte beim Trinkwasser in Worben wieder eingehalten. Bildquelle: Christian von Burg.
Stolz zeigt sie die nur etwa ein Meter hohe Mühle, in der die Aktivkohle mit Wasser versetzt und zerkleinert wird: «So wird die Oberfläche der Aktivkohle massiv vergrössert und es reichen nur vier Gramm Kohle, um die Abbau-Produkte des Chlorothalonils aus 1000 Litern Wasser zu binden.»
12 Tonnen Kohle pro Jahr
Die Aktivkohle mit den Pestizid-Abbauprodukten wird danach aus dem Wasser wieder rausgefiltert und später im Zementwerk verbrannt. Dank der superfeinen Mahlung braucht es statt bisher 80 nur noch 12 Tonnen Kohle pro Jahr für die Wasserversorgung der 20 Gemeinden. «Damit wird die Anlage wirtschaftlich tragbar», sagt Wiget.
Statt wie sonst üblich fossile Steinkohle aus China, wird in Worben Pflanzenkohle aus der Schweiz verwendet. Damit ist der CO₂-Fussabdruck der Anlage deutlich besser. «Wir haben 40 verschiedene Aktivkohlen ausprobiert», sagt Wiget, «und sind glücklich, dass wir diese Schweizer Lösung gefunden haben».
Nicht alle Rückstände sind draussen
Mit diesem Verfahren werden gleichzeitig auch Abbauprodukte von verschiedenen anderen Pflanzenschutzmittel aus dem Wasser entfernt, sogar lang- und mittelkettige PFAS-Ewigkeitschemikalien.
«Aber wir bringen nicht alles raus», sagt Wiget, insbesondere das Trifluoracetat, kurz TFA, eine kurzkettige PFAS-Ewigkeitschemikalie, die zunehmend zum Problem wird, lässt sich nicht rausfiltern. «Wir tun grundsätzlich also gut daran», so Wiget, «das Trinkwasser von Beginn weg so gut wie möglich zu schützen, statt später aufwändige Reinigungsanlagen zu bauen».