Vom 3. März bis 6. März 2016 fanden die National Winter Games in Chur statt. Dabei massen sich über 600 geistig und mehrfach behinderte Athletinnen und Athleten in den Sportarten Ski Alpin, Langlauf, Snowboard und Unihockey.
Da Menschen mit geistiger Behinderung ein um 40 Prozent höheres Risiko für zusätzliche gesundheitliche Einschränkungen tragen, brauchen sie oft Seh- und Hörhilfen. Das Gehör und das Sehen können also neben der Kommunikation und Lebensqualität im Alltag auch die sportliche Entwicklung und Leistung massgebend beeinflussen.
Um die Gesundheit der Athleten weiter zu fördern, wurden deshalb an den National Games Chur 2016 Seh- und Hörtests durchgeführt. Diese Tests sind so angelegt, dass man Defizite bei Kleinkindern wie auch bei geistig behinderten Menschen feststellen kann.
Diese Tests wurden international entwickelt und werden alle zwei Jahre im Rahmen der National Games gratis angeboten.
Schwierigkeiten beim Sehtest
Karin Spohn ist Clinical Direktor von Special Olympics und für Durchführung der Sehtest bei den Winter Games zuständig. Menschen mit geistiger Behinderung können oft nicht lesen. Um die Weitsichtigkeit zu testen, kann man den Sehtests mit dem «E-Haken», den man aus dem Optiker Geschäft kennt, nicht anwenden.
Um dennoch die Weitsichtigkeit geistig Behinderter zu messen, hat man die «E-Haken» mit einem Kreis, einem Dreieck oder einem Quadrat ersetzt. Je nach Stärke des Handicaps wird der Sehtest wie folgt angepasst:
- Kann der Proband das Zeichen erkennen und verbal benennen, funktioniert der Test wie mit den «E-Haken»
- Erkennt der Proband das Zeichen, kann sich aber sprachlich nicht äussern, kann er mittels einer Tafel, die er in der Hand hält, auf das gesehene Zeichen tippen
Ähnliche Probleme wie bei der Weitsichtigkeit hat man beim Farbtest. Wer sich verbal nicht ausdrücken kann, erhält ein Wattestäbchen. Mit diesem kann er der Form nachfahren. «So kann man mit wenig Aufwand, dennoch feststellen, ob der Proband die Farben sieht», sagt Karin Spohn von Special Olympics.
Schwierigkeiten beim Hörtest
Auch die Hörtests, die Heike Birnbaum Clinical Director von Special Olympics, im Rahmen der Winter Games anbietet, sind teilweise speziell auf die Bedürfnisse geistig behinderter Menschen angepasst.
Bevor die Hörtests angewendet werden, kann Birnbaum erste Hörerfolge bei 40 Prozent der Fälle durch das Entfernen von Ohrenschmalz mittels einer Auskratzung oder einer Spülung erzielen. «Ohrenputzen geht in der Alltagsbetreuung oft unter. Besonders dann wenn es der Betroffene gar nicht selber machen kann und die Bezugspersonen es im Alltagsstress vergessen» so Heike Birnbaum.
Zudem gäbe es Krankheitsbilder bei denen verengte Gehörgänge dazugehören. Folglich haben solche Menschen viel rascher verstopfte Ohren, was faktisch bedeute, dass sie zwar schlecht hören, dies aber nicht am Hörvermögen liege, so Birnbaum weiter.
Um das Hörvermögen zu testen, werden auch bei den speziellen Hörtests Töne über Kopfhörer abgespielt. Da viele nicht in der Lage sind, mittels Knopfdruck zu reagieren, achtet Birnbaum auf ihre Reaktionen. Sie beobachtet die Augen und versucht eine Reaktion aus der Körpersprache zu lesen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Athlet statt einen Knopf zu drücken, die Hand oder den Finger hebt, sobald er einen Ton hört.
Andere Hörtests funktionieren ähnlich wie bei Säuglingen. Passives dasitzen reicht, denn ein Computer übernimmt die Messung und Auswertung. Dabei werden Töne direkt ins Ohr gespielt. Das Gerät misst, ob ein Echo zurückkommt. So kann festgestellt werden, ob die Ohrschnecke richtig funktioniert.
Seh- und Hörtest in der Schweiz
In der Schweiz sind nicht alle Optiker/Augenärzte und Akustiker auf das Testen der Augen und Ohren von geistig Behinderten ausgerichtet. «Hier gibt es noch Bedarf. Einerseits in der Ausbildung derjenigen, die die Tests durchführen, andererseits bei den Betreuern, die ein grösseres Augenmerk auf Augen und Ohren setzen sollten», so Karin Spohn.
Welche Geschäfte oder Ärzte sich auf geistig Behinderte ausgerichtet haben, erfährt man am besten durch direktes Nachfragen. Eine schweizweite Liste gibt es dafür nicht. Wer weitere Fragen hat, könne sich auch direkt bei Special Olympics melden, so Spohn weiter.