Wenn der Körper überreagiert - Fortschritte in der Allergie-Behandlung
Pollen, Nüsse, Hausstaub: Rund jede vierte Person in der Schweiz leidet an einer Allergie. Die Symptome reichen von lästig bis lebensbedrohlich. Doch moderne Diagnose- und Therapieansätze machen Hoffnung.
Erwachsene leiden häufig an den Symptomen einer Pollen- oder Hausstaubmilben-Allergie. Bei Kindern sind es meistens Nahrungsmittel-Allergien, die Probleme bereiten – oft auf Milch, Ei oder Nüsse.
Typische Symptome
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Bei einer allergischen Reaktion können verschiedene Organsysteme betroffen sein: die Haut, der Magen-Darm-Trakt, die Atmung und der Herz-Kreislauf.
Dabei sind die folgenden, typischen Symptome zu beobachten: Juckreiz, Niesen, Schwellungen, Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Blutdruckabfall und Bewusstlosigkeit.
Bei Pollenallergikerinnen und Pollenallergikern besteht die Gefahr, dass sich die Allergie von den oberen Atemwegen auf die Lunge ausdehnt und Asthma verursachen kann, man spricht dann vom Etagenwechsel. Ein allergischer Schock bei Nahrungsmittel-Allergien ist zwar selten, trotzdem kann der Einsatz der Notfallmedikamente lebensrettend sein.
Eine korrekte Diagnose der Allergie mit der entsprechenden Behandlung ist in beiden Fällen wichtig.
Der Klassiker: Haut-Pricktest
Beim Pricktest werden Tropfen verschiedener Allergene auf den Unterarm aufgetragen. Anschliessend werden diese mit einer kleinen Nadel unter die Haut gedrückt, sogenannt geprickt. Dadurch kommt das Allergen in Kontakt mit den Hautzellen.
Bei einer Sensibilisierung zeigt die Haut nach einigen Minuten eine Sofort-Reaktion: Die Einstichstelle rötet sich, juckt oder es bildet sich eine Quaddel. Erst wenn die Person auch entsprechende Symptome bei Kontakt mit dem Allergen beschreibt, spricht man von einer Allergie.
Bei bestehenden Ekzemen, durch Medikamenteneinnahme und aufgrund unterschiedlicher Qualität der Allergen-Lösungen kann es beim Pricktest auch zu falschen Resultaten kommen.
Antikörper im Blut
Beim Bluttest wird nach Immunglobulin E, kurz IgE, gesucht. Das sind Antikörper, die das Immunsystem – leider fälschlicherweise – gegen spezifische Allergene produziert hat.
Allergie-Behandlung
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Die Vermeidung oder Reduktion der auslösenden Allergene ist die einfachste Massnahme: Kein Barfusslaufen bei einer Bienengiftallergie, Verzicht auf problematische Nahrungsmittel oder Vermeidung der Allergene in der Luft. Bei Pollen hilft der Blick auf die Pollenprognose – vor allem bei Aktivitäten im Freien –, abendliches Haarewaschen, Verzicht auf Strassenkleidung im Schlafzimmer, regelmässiges Wechseln des Kopfbezugs und Tragen von Brille und Maske, um die Schleimhäute zu schützen.
Bei leichten bis mittelschweren Symptomen können auch Medikamente die Beschwerden lindern. Antihistaminika unterdrücken die allergische Reaktion, indem sie die Wirkung des Hormons Histamin blockieren. Kortison unterdrückt entzündungsfördernde Prozesse und reduziert die Immunantwort. Beide Wirkstoffgruppen gibt es in Form von Tabletten, Tropfen, Sprays oder Spritzen. Auch Augentropfen und Nasensprays helfen, die allergischen Symptome zu reduzieren.
Die allergenspezifische Immuntherapie, Hypo- oder Desensibilisierung schliesslich zielt auf die Ursache der Allergie ab. Vor allem bei einer Insektengift-, Pollen- oder Hausstaubmilbenallergie ist sie eine gute Option. Mit der Therapie soll das Immunsystem über mehrere Jahre mittels einer Toleranzentwicklung langsam an die Allergene gewöhnt werden. Die Allergene werden unter die Haut gespritzt oder als Tabletten oder Tropfen unter die Zunge gegeben.
Das Notfallset, eine Kombination von Antihistaminikum und Kortison-Präparat und der Adrenalinspritze, kann lebensrettend sein und kommt bei plötzlichen und schweren allergischen Reaktionen zum Einsatz – etwa bei Insektengiften, Erdnüssen oder gewissen Medikamenten. Das Notfallset muss von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben werden. Wann die Adrenalinspritze zum Einsatz kommt, erklärt Kinderärztin und Allergologin Annette Carrard: «Sobald ich Symptome habe, die die Atemwege oder den Kreislauf betreffen, setze ich die Adrenalinspritze ein, aber auch dann, wenn zwei verschiedene, andere Organsysteme betroffen sind. Wenn das Kind also zum Beispiel Ausschlag hat und erbricht, dann braucht es auch die Adrenalinspritze.» Grundsätzlich setze man das Adrenalin lieber einmal zu viel als einmal zu wenig ein.
Auch bei einem positiven Bluttest spricht man zunächst von einer Sensibilisierung und nur wenn entsprechende Symptome vorhanden sind, handelt es sich um eine Allergie.
Mit Absicht provozieren
Beim Provokationstest setzt sich die Person unter ärztlicher Beobachtung absichtlich dem vermeintlichen Allergen aus – dies ist häufig bei Allergien auf bestimmte Nahrungsmittel der Fall.
Essen statt vermeiden
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Am Kinderspital Zürich nehmen derzeit rund 300 Kinder an einer oralen Immuntherapie im Zusammenhang mit Nahrungsmittelallergien teil. Neu setzen die Allergologinnen und Allergologen auf die Strategie «Gewöhnung (an)statt Vermeidung».
Die Therapie dauert mehrere Jahre und erfordert regelmässige Spitalbesuche. Mit dem Provokationstest wird zu Beginn die tolerierbare Startdosis des allergieauslösenden Nahrungsmittels bestimmt. Diese Menge muss fortan täglich konsumiert werden. In Abständen von mehreren Wochen wird die Dosis laufend erhöht, bis das Kind im Alltag keine Probleme mehr hat.
Die Therapie ist aufwändig und braucht Durchhaltevermögen, wie Allergologe und Immunologe Johannes Trück aus Erfahrung weiss: «Es ist ein zeitlicher und organisatorischer Aufwand, die Therapie zu machen. Man muss zuverlässig sein und die Nahrungsmittel regelmässig einnehmen.» Und auch das Notfallset müsse für den Fall einer ungewollten Reaktion mitgeführt und richtig angewendet werden: «Nicht alle Kinder wollen das, nicht alle Familien wollen das und nicht alle brauchen eine solche Therapie. Wenn sie mit ihrem Alltag so zufrieden sind, dann muss das nicht sein. Es ist eine von mehreren Alternativen.»
So lässt sich feststellen, ob zumindest eine gewisse Menge etwa von Eiern, Haselnüssen oder Äpfeln symptomfrei gegessen werden kann.
In der Pipeline: Mastzellaktivierungstest
Forschende der Universität Bern haben in den letzten zwei Jahren einen neuen Allergietest entwickelt. Beim Mastzellaktivierungstest wird Blut von möglichen Allergikern im Labor auf speziell gezüchtete Mastzellen aufgetragen. Anschliessend werden die Allergene dazugegeben – reagieren die Mastzellen, ist der Test auf das entsprechende Allergen positiv.
Pharmakologe Thomas Kaufmann betont vor allem die Sicherheit des Tests: «Für uns war die grosse Motivation, einen Test zu entwickeln, der weg vom Patienten ins Reagenzglas geht. Bei starken Allergikern besteht immer das Risiko, dass sie beim Haut-Pricktest oder beim oralen Provokationstest stark reagieren.»
Am Beispiel der Erdnuss konnten die Forscher zeigen, dass der Test eine Genauigkeit von 95 Prozent hat. Nun muss er für jedes weitere Allergen noch fertig entwickelt und überprüft werden. Für Betroffene könnte das künftig die Diagnose deutlich vereinfachen und auch der Erfolg einer Immuntherapie liesse sich mit dem Test regelmässig überprüfen.
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