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Kleines Geschäft mit Wirkung Wie Pinguin-Kot das Eis der Antarktis zurückbringen könnte

Forschende haben entdeckt, dass ausgerechnet Pinguin-Kot das Klima kühlen könnte. Ein kurioser Effekt mit Potenzial.

Klingt wie ein skurriler Nebensatz aus einem Naturfilm, ist aber wissenschaftlich belegt: Der Kot von Adeliepinguinen kann zur Wolkenbildung beitragen – und könnte damit die Ausbreitung des antarktischen Meereises fördern.

Pinguine auf einer Eisscholle im Meer.
Legende: Adeliepinguine (Pygoscelis adeliae) auf einer Eisscholle, Antarctic-Sund, Antarktische Halbinsel, Antarktis. IMAGO/imagebroker

Verantwortlich ist das darin enthaltene Ammoniak. Es gelangt in die Atmosphäre, wo es die Bildung sogenannter Aerosolpartikel anstösst – eine Voraussetzung für Wolken. Laut einer neuen Studie in Communications Earth & Environment könnte dieser Effekt sogar messbare klimatische Folgen haben.

Nochmal – was haben Pinguine jetzt mit Wolkenbildung zu tun?

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Ammoniak (NH₃) ist ein Gas, das unter anderem im Kot von Tieren entsteht – bei Vögeln wie Pinguinen sogar in besonders grossen Mengen. Dieses Gas gelangt in die Luft und reagiert dort mit anderen Stoffen wie Schwefelsäure oder Salpetersäure. Dabei entstehen winzige Teilchen, sogenannte Aerosole.

Diese Aerosole spielen eine wichtige Rolle in der Atmosphäre: Sie bilden den Ausgangspunkt für Wolken, denn Wasserdampf in der Luft lagert sich an ihnen an und bildet daraus kleine Wassertropfen – also Wolken.

Je mehr Aerosole in der Luft sind, desto mehr Wolken können sich bilden. Und das hat Einfluss auf unser Klima: Mehr Wolken reflektieren mehr Sonnenlicht zurück ins All – und dadurch kann sich die Erdoberfläche abkühlen.

Ein Team um den Aerosolforscher Matthew Boyer mass 2023 auf der argentinischen Marambio-Station in der Antarktis stark erhöhte Ammoniakkonzentrationen, wenn der Wind aus Richtung einer nahen Kolonie mit 60’000 Tieren wehte – bis zu 13’000-mal höher als normal.

Selbst nachdem die Tiere weg waren, blieb der Effekt messbar – dank zurückgebliebenem Kot. Doch so vielversprechend das klingt: Damit der Effekt eintritt, müssen unzählige Bedingungen erfüllt sein.

Triple A: All, Ammoniak, Albedo-Effekt

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Wolken können in kalten Regionen wie der Antarktis die Oberflächentemperatur senken – vor allem im Sommer, wenn die Sonne stark scheint. Das könnte laut den Forschenden das Abschmelzen des Meereises verlangsamen.

Gleichzeitig entsteht eine Rückkopplung mit dem sogenannten Albedo-Effekt: Je mehr Eis vorhanden ist, desto mehr Sonnenlicht wird ins All zurückgeworfen – die Erdoberfläche bleibt kühler. Schmilzt hingegen Eis, nimmt die dunkle Wasseroberfläche mehr Wärme auf, was das Schmelzen weiter beschleunigt.

Damit dieser Kühlungseffekt durch pinguingetriebenes Ammoniak überhaupt eintritt, müssen allerdings bestimmte Bedingungen erfüllt sein: Der Wind muss die Gase überhaupt in Richtung der Atmosphäre transportieren – und dabei stark genug sein, sie über grössere Distanzen zu verteilen. Auch Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Stabilität der Luftschichten entscheiden darüber, ob aus Ammoniak tatsächlich aerosole Wolkenkeime entstehen können.

Ein ähnlicher Effekt ist aus der Landwirtschaft bekannt: Helle, trockene Felder reflektieren mehr Sonnenlicht als feuchte, dunkle Böden – auch das kann lokale Temperaturen beeinflussen.

Ein kurioser Klimafaktor also – von einer Art, deren Lebensraum vom Klimawandel bedroht ist. Umso wichtiger, sie zu schützen.

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