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Abschied vom Dreckstrom – schon bald?
Aus Wissenschaftsmagazin vom 15.04.2023. Bild: Keystone/GAETAN BALLY
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Kohlestrom adieu Abschied vom «Dreckstrom» – schon bald?

In der Stromproduktion dominieren noch immer Kohle, Gas und Öl. Weltweit macht dieser «Dreckstrom» über 60 Prozent des gesamten Stroms aus. Wie schnell lässt sich das ändern? Eine neue Datenanalyse zeigt: Vielleicht noch dieses Jahr.

Es ist nicht nur der Verkehr, die Haushalte oder die Industrie: Mehr als ein Drittel des weltweit ausgestossenen CO₂ geht auf die Stromproduktion zurück. Hier bietet sich deshalb ein guter Hebel um CO₂ rasch zu reduzieren. Darum auch das Ziel der Internationalen Energie Agentur «IEA»: Bis im Jahr 2040 möchte sie möglichst keine fossilen Stromkraftwerke mehr sehen – und so den Stromsektor auf Kurs halten für das 1.5 Grad Klimaziel.

 Eine Datenanalyse vom Energie Think Tank «Ember» zeigt, dass dieses Ziel in Reichweite sein könnte. Der Grund: Der Ausbau von CO₂ armer Stromerzeugung wie Fotovoltaik und Wind geht rasch voran. «80 Prozent des Wachstums im Stromsektor konnte im Jahr 2022 durch zusätzlich gebaute Fotovoltaik und Windkraftwerke gedeckt werden», sagt Małgorzata Wiatros-Motyka, Energie Analystin bei Ember.

Die Wachstumsrate für neue Fotovoltaik Anlagen beträgt im weltweiten Durchschnitt aktuell 24 Prozent, bei Windstrom sind es 17 Prozent. Jedes Jahr werden noch mehr Anlagen gebaut als im Vorjahr, somit ist das Wachstum im Moment exponentiell.

Trendwende im 2023

Dank diesem Ausbau bei Sonne und Wind könnte jetzt ein Wendepunkt erreicht sein. Die Stromproduktion aus fossilen Kraftwerken steige wahrscheinlich nicht mehr weiter an und wäre dann ab diesem Jahr langsam rückläufig, so Ember. Der ersehnte Trend in Richtung CO₂-arme Stromversorgung also.

Verschiedene Glaskugeln

Doch ganz so klar ist die Sache nicht. Grundsätzlich gilt: Ein weiteres Wachstum bei Sonnen- und Windstrom wird immer schwieriger, bzw. teurer, je mehr bereits gebaut ist, weil die günstigen Standorte in der Regel als erste realisiert werden. Die IEA geht deshalb auch von einer rückläufigen Wachstumsrate für die nächsten Jahre aus. Anders der Blick in die Glaskugel bei Ember: Dort geht man von einem weiteren, ähnlich hohen Wachstum bis ins Jahr 2030 aus. Das wäre genügend, um auf Kurs zu sein für Netto Null CO₂ im Stromsektor, ab 2040.

Sonne und Wind sollen ab 2030 rund 40 Prozent zum Strommix beitragen.
Legende: Die Zukunft des Stroms? Sonne und Wind sollen ab 2030 rund 40 Prozent zum Strommix beitragen. Getty Images / Daniel Bosma

Die optimistische Prognose des Think Tanks beruht unter anderem auf den aktuellen Wachstumsraten und dem Aufbau von zahlreichen neuen Fabriken, die Solarpanels herstellen, was die Panels günstiger macht.

Stromverbrauch könnte stark steigen

Einen Strich durch diese Rechnung könnte aber die künftig steigende Nachfrage nach Strom machen. Immer mehr Sektoren werden elektrifiziert: Elektroautos lösen Benzinautos ab, Elektrische Wärmepumpen die Öl- und Gasheizungen, industrielle Prozesse werden elektrifiziert. Diesen zusätzlichen Strom CO₂-arm zu produzieren, ist eine grosse Herausforderung.

Technologiemix nötig – auch Kernkraft

Sonne und Wind sollen ab 2030 rund 40 Prozent zum Strommix beitragen, doch das wird nicht reichen. Ebenfalls weiter ausgebaut werden müsse die Wasserkraft weltweit. Und auch die Kernkraft, so der nuklear-freundliche Think Tank Ember. Auch die IEA setzt auf ein Wachstum bei der Atomenergie, bis im Jahr 2050 soll sie weltweit doppelt so viel Strom wie heute liefern. Ebenso sollen weitere Technologien ihren Teil beitragen, etwa Strom aus Biomasse und Nischentechnologien wie Geothermie und Gezeitenkraftwerke. Ein Mix aus verschiedenen Stromquellen soll es also richten für die Zukunft, mit einem Schwerpunkt auf Fotovoltaik und Windstrom.

Wissenschaftsmagazin, 15.3.2023, 12:40 Uhr

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