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Analyse von WHO-Daten Sinkende Suizidraten: ein Erfolg mit Ausnahmen

Jährlich sterben weltweit mehr als 700’000 Menschen an Suizid. Hinter dieser Zahl verbirgt sich viel persönliches Leid. Die gute Nachricht ist: Die Suizidraten sind in den letzten Jahren stark gesunken. Allerdings nicht überall.

Für seine im Fachjournal Nature Mental Health publizierte Studie nutzte das Forschungsteam die Daten der Welt­gesundheits­organisation WHO aus 102 Ländern. Die Analyse zeigt: Innert drei Jahrzehnten sind die Suizidraten global um knapp 30 Prozent gesunken; von durchschnittlich etwas mehr als zehn Fällen pro 100’000 Einwohner im Jahr 1990 auf sieben Suizide pro 100’000 Einwohner im Jahr 2021.

Die sogenannte Mortalitätsdatenbank der WHO gilt als eine der umfassendsten und verlässlichsten Quellen, um statistisch zu erfassen, woran Menschen sterben. Das gilt auch für die Entwicklung der Suizidsterblichkeit.

In Ländern mit hohem Einkommen ist die Suizidrate höher als in ärmeren Ländern. Allerdings liegen beispielsweise für viele afrikanische Länder keine oder nur wenige Daten vor.

Gegentrend in den USA

Der Abwärtstrend ist ein Durchschnitt, und er trifft so nicht auf alle Länder zu. Frappante Ausnahme sind die USA: Dort haben Suizide nicht abgenommen, sondern im Gegenteil in den letzten Jahren 20 Jahren deutlich zugenommen, und zwar um fast 30 Prozent.

Laut den Studienautorinnen liegt dies unter anderem daran, dass in den USA Schusswaffen leicht verfügbar sind; auch die grösser werdende Schere zwischen Arm und Reich sowie reduzierte Bildungschancen für weite Teile der Bevölkerung spielten eine Rolle.

Auch in Australien verhält sich das Geschehen rund um Suizide anders als weltweit beobachtet: Lange Zeit sank die Rate parallel zur globalen Tendenz, doch dann stieg sie wieder an. Ähnliches zeichne sich im Gesamttrend der afrikanischen Länder ab, hält die Studie fest.

In der Schweiz weniger Ordonnanzwaffen

Die Schweiz hat eine vergleichsweise hohe Suizidrate. Laut dem Bundesamt für Statistik sind 2022 knapp 1000 Menschen durch Suizid gestorben. Das entspricht elf Fällen pro 100’000 Einwohner – vier mehr als im internationalen Vergleich.

Die Rate ist bei Männern fast dreimal so hoch wie bei Frauen. International ist dieser «Gender-Gap» sogar noch höher: Männer suizidieren sich laut der Studie dreieinhalb-mal so häufig wie Frauen, und ältere Personen allgemein häufiger als jüngere.

Doch auch hierzulande sind Suizide insgesamt markant zurückgegangen. Bei Männern, die älter sind als 19 Jahre, hat sich die Rate in den vergangenen 25 Jahren halbiert.

Zu den Gründen zählen Fachleute wie der Suizidforscher Dirk Richter von der Berner Fachhochschule vor allem, dass heutzutage viel weniger persönliche Ordonnanzwaffen im Umlauf sind als früher: Noch im Jahr 2004 wurden über 30’000 Pistolen oder Gewehre an Armeeangehörige abgegeben, die aus der Dienstpflicht entlassen wurden. 20 Jahre später gelangten noch 2600 solcher Waffen in Privatbesitz.

Prävention bleibt zentral

«Trotz weniger Fälle sind die Gedanken an Suizid in der Bevölkerung weit verbreitet, öfter als früher auch bei jungen Menschen», sagt Dirk Richter. Bei der Prävention könne die Schweiz noch mehr tun. Besonders in der ambulanten Versorgung etwa von Personen, die an Depressionen leiden und eine Psychotherapie benötigen, müsse sich die Situation verbessern.

Aktionsplan und Anlaufstellen in der Schweiz

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Der Bund hat vor einigen Jahren den «Aktionsplan Suizidprävention» ins Leben gerufen. Dessen Ziel ist es, suizidale Handlungen während Belastungskrisen oder psychischen Erkrankungen wie Depressionen zu reduzieren.

Wer suizidale Gedanken hat, findet bei folgenden Anlaufstellen Soforthilfe:

  • Pro Juventute für Kinder und Jugendliche. Telefon und SMS 147, online www.147.ch
  • Dargebotene Hand/Sorgentelefon für Erwachsene. Telefon und SMS 143, online www.143.ch

Echo der Zeit, 18.8.2025, 18:00 Uhr

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