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Führungsstil Mikromanagement: Was tun, wenn der Chef im Kontrollwahn ist?

Wenn Detailverliebtheit aber kaum Vertrauen da ist, kann das am Führungsstil liegen. Arbeitspsychologin Helen Burri hat Tipps, wie Mitarbeitende reagieren können.

Das E-Mail-Postfach läuft mit Fragen voll und frisst immer mehr Zeit. Denn Antworten für eine Chefin oder einen Chef zu finden, die alles überprüfen wollen, ist fast unmöglich. Wenn Vorgesetzte detailversessen sind oder auf Perfektion drängen, betreiben sie Mikromanagement – ein Führungsstil, der eher Stress als Vertrauen mit sich bringt.

Regeln und Vorgaben sind so eng gefasst, dass sich Mitarbeitende kontrolliert fühlen und sich im schlimmsten Fall sogar fürchten, Fehler zu machen, weil sie es ihren Vorgesetzten kaum recht machen können. Arbeitspsychologin Helen Burri über Mikromanagement und den richtigen Umgang damit.

Helen Burri

Arbeitspsychologin und Coach

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Helen Burri ist Co-Präsidentin beim Schweizerischen Berufsverband für Arbeits- und Organisationspsychologie (SGAOP) und hat Psychologie an der ZHAW studiert. Seit zehn Jahren arbeitet die 42-Jährige für den Versicherungskonzern Baloise, wo sie Führungspersonen in ihrer Weiterentwicklung begleitet. Besonders spannend findet sie die Frage, wie man ausserhalb von Hierarchie Führen kann.

Was kann ich als Mitarbeiterin gegen Mikromanagement tun?

Mutig handeln und auch mal sagen: So geht das nicht.

Gleichzeitig sollte ich im Kopf haben, dass ich mein Umfeld nicht verändern kann, mich selbst aber schon. Das hat dann auch eine Resonanz auf meinen Chef. Dazu muss ich herausspüren: Was brauche ich, damit ich in Hochform bin?

So kommt man gegen Mikromanagement an

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Arbeitspsychologin Helen Burri empfiehlt vier Schritte:

  1. Wahrnehmen: Die Situation objektiv und ohne Emotionen beschreiben: Was ist passiert?
  2. Fühlen: Was macht das mit mir? Löst das bei mir etwa Unsicherheit aus?
  3. Das eigene Bedürfnis klären: Was brauche ich, um gut arbeiten zu können: mehr Vertrauen, Gestaltungsfreiraum oder vielleicht Feedback?
  4. Eine Bitte formulieren: Die Vorgesetzte oder den Chef ansprechen, was man sich anders wünscht.

Wie findet man heraus, wann man in Hochform ist?

Man hat ja verschiedene Rollen: Ich bin zum Beispiel Mami, bin im Verein tätig und auch Arbeitnehmerin. Um herauszufinden, wann ich im Job im Hochform bin, kann ich mir überlegen: Was führt in den Rollen abseits des Büros dazu, dass ich mich besser fühle?

Vielleicht spüre ich im Verein mehr Wertschätzung durch die Leute um mich herum. Davon lässt sich für die Arbeit ableiten: Ich will auch dort mehr gesehen werden.

Um Dinge anzusprechen, braucht es Vertrauen. Wie kann man fehlendes Vertrauen in die Vorgesetzten stärken?

Vertrauen hat mit Verletzlichkeit zu tun. Man muss nicht warten, bis der Chef auf einen zukommt, sondern kann sich auch selber fragen: Wie nah bin ich den Kolleginnen und Kollegen, dem Chef oder der Vorgesetzten? Wie verletzlich zeige ich mich?

Auf dem Bild ist ein Mann zu sehen, der an einem virtuellen Meeting teilnimmt.
Legende: Das Vertrauen stärken Gerade in Zeiten von Homeoffice kann es hilfreich sein, bei virtuellen Sitzungen sein Gesicht zu zeigen. unsplash

Damit wieder eine Verbindung entstehen kann, helfen kleine Wertschätzungen. Dass man sich auch mal austauscht, was man am Wochenende gemacht hat. Oder man bei virtuellen Besprechungen die Kamera anmacht und sein Gesicht zeigt.

Was raten Sie Unternehmen, um Mikromanagement zu verhindern?

Die Kultur spielt eine grosse Rolle. Es müssen Fehler gemacht werden dürfen.

Man sollte einen Raum schaffen, wo Mitarbeitende ihre Bedürfnisse äussern können und Führungspersonen Feedback geben. Wir haben zum Teil verlernt, darüber zu sprechen, wie wir eigentlich zusammenarbeiten. Nicht an was , sondern wie !

Das Gespräch führte Ramona Drosner.

SRF 2, 100 Sekunden Wissen, 06:54 Uhr ; 

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