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Gut zu sich, gut zu anderen Selbstfürsorge – Freundschaft schliessen mit sich selbst

Sich selbst ein guter Freund oder eine gute Freundin sein hat nichts mit Egoismus zu tun – im Gegenteil. Denn wer einen nachsichtigen und liebevollen Umgang mit sich pflegt, behandelt auch andere Menschen eher so.

In der Ratgeberliteratur und den sozialen Medien wimmelt es nur so von Tricks und Tipps zur Selbstfürsorge. Aber Vorsicht, mahnt die Psychologin und Psychotherapeutin Sandra Figlioli-Hofstetter: «In den sozialen Medien geht es meist um Selbstoptimierung.» Noch fitter sein, noch mehr «Me Time», noch effizienter arbeiten und überall die beste Leistung abliefern – das ist Selbstoptimierung, verkauft unter dem Deckmantel der Selbstfürsorge.

Bei der wirklichen Selbstfürsorge geht es darum, zu sich zu schauen und liebevoll mit sich umzugehen. Eigentlich braucht es dafür keine speziellen Übungen. «Es geht vielmehr um eine klare Haltung zu sich selbst», sagt die Expertin.

Vom Körper bis zum Geist                                      

Die Ursprünge der Selbstfürsorge gehen auf die alten Griechen zurück. Fachleute sprechen heute von der Körperebene, der Gefühlsebene, der Ebene des Verstandes, der sozialen und der geistigen Ebene. Aber der Reihe nach:

  • Auf der körperlichen Ebene ist uns die Selbstfürsorge geläufig. Ein Schaumbad nach Feierabend oder eine Massage – beides tut dem Körper gut und damit auch uns selbst.
  • Auf der Gefühlsebene geht es darum, die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Was tut mir gut, wie reguliere ich meine Emotionen?
  • Auf der Verstandesebene beschäftigt man sich mit den eigenen Glaubenssätzen aus der Kindheit und den Umgangsformen mit sich selbst.

Die Psychologin rät deshalb, sich zuzuhören und herauszufinden, wie man mit sich spricht. «Ist mir zum Beispiel ein Fehler unterlaufen – vernichte ich mich dann innerlich? Oder kann ich mir liebevoll auf die Schulter klopfen und sagen, dass alles nicht so schlimm ist?» Unter dem Strich soll man sich selbst wie eine gute Freundin oder einen guten Freund behandeln.

Mit wem verbringen wir Zeit?

Auf der sozialen Ebene lohnt sich ein Blick auf das nähere Beziehungsumfeld. «Deshalb sollten wir uns nur mit Menschen umgeben, die uns guttun.» Das heisst auch, manchmal eine Grenze zu ziehen, wenn man wiederholt feststellt, dass diese Freundschaft einem genau das nicht geben könne. «Auch das ist Selbstfürsorge – auch wenn dieser Schritt nicht immer leichtfällt.»

Und zum Schluss ist da noch die Geistesebene. Zu dieser gehört die Dankbarkeit. «Dafür gibt es eine einfache Übung: Am Abend schreibt man drei gute Dinge auf, die man tagsüber erlebt hat und für die man dankbar ist», empfiehlt die Psychologin.

Fürsorge für andere setzt Fürsorge für sich selbst voraus.
Autor: Sandra Figlioli-Hofstetter Psychologin und Psychotherapeutin

Diese fünf Ebenen gilt es zu pflegen. Das Resultat: Die Zufriedenheit steigt, und das strahlt man auch aus. Daraus könne sich dann eine positive Spirale entwickeln, so Figlioli-Hofstetter. Empirische Studien haben gezeigt, dass der positive Effekt der Selbstfürsorge sogar über Jahre anhält.

Den Kern trifft auch die biblische Weisheit: «Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.» Damit ist aber nicht Selbstverliebtheit gemeint, sondern vielmehr eine Selbstliebe, die durch Selbstfürsorge gedeiht und genährt wird. «Und keine Bange, Selbstfürsorge ist nicht mit Egoismus gleichzusetzen», versichert die Psychologin. Sie schadet niemandem, sondern ist ein Gewinn. Für sich selbst und das eigene Umfeld.

Ratgeber, 13.02.2023, 11:10 Uhr

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