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Hitzetod und Infektionen Gesundheitsgefahr: Der Klimawandel ist ein medizinischer Notfall

Schulterschluss mit der Klimaforschung und dringender Appell an die Politik: Kurz vor dem nächsten Weltgipfel in Dubai fordern etliche Fachverbände aus dem Medizin- und Gesundheitssektor verbindliche Beschlüsse zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe.

Lange sei die globale Erwärmung als reines Umweltthema gesehen worden, sagt die US-Amerikanerin Jeni Miller, «als Problem für Eisbären oder Gletscher». Inzwischen aber steckten wir mitten in der Klimakrise, und die sei längst auch ein medizinischer Notfall, so die Direktorin der «Globalen Klima- und Gesundheitsallianz». Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen häuften sich, Infektionskrankheiten breiteten sich in neue Regionen aus. «Das geschieht heute vor jedermanns Haustür!»

Wenn die Klimakonferenz nicht endlich die fundamentale Ursache des Klimawandels angeht, ist das ein grosses Versagen
Autor: Jeni Miller Executive Director, Global Climate and Health Alliance

Deshalb schlägt die Medizin- und Gesundheitszunft jetzt Alarm. Kurz vor Beginn des nächsten Weltklimagipfels in den Vereinigten Arabischen Emiraten lanciert sie einen offenen Brief an die Adresse der Politik. Fachverbände aus der ganzen Welt fordern darin verbindliche Beschlüsse zum Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Nach eigenen Angaben repräsentieren sie 46 Millionen Ärztinnen, Ärzte und andere Fachkräfte im Gesundheitssektor. «Wenn die Klimakonferenz nicht endlich die fundamentale Ursache des Klimawandels angeht, ist das ein grosses Versagen», urteilt Jeni Miller, «denn dann versäumen wir es, die Gesundheit des Menschen zu schützen!»

Infektionskrankheiten und Viren werden gefährlicher

Mit dem Klimawandel rücken tropische Infektionskrankheiten in gemässigte Breiten vor. In Frankreich und Italien gebe es bereits Ausbrüche von Dengue-, Chikungunya- und West-Nil-Fieber, berichtet Martin Röösli vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut. «Das wird früher oder später in der Schweiz auch auftreten», prognostiziert der Umweltwissenschaftler. Überträger der Fieberviren sind etwa eingeschleppte Asiatische Tigermücken, und die kämen in der Schweiz bereits vielerorts vor.

Todesfälle wegen Extremhitze: Höchstwerte in Europa

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Eine Studie im  Lancet Planet Health berechnet, dass zwischen 2000 und 2019 weltweit fast 490'000 Menschen pro Jahr im Zusammenhang mit heissen Temperaturen gestorben sind.

«Mitte des Jahrhunderts könnte diese Zahl aber noch einmal 370 Prozent höher liegen», warnt der Gesundheitswissenschaftler Louis Jamart vom University College London. Und zwar dann, wenn der Abschied von Kohle, Erdöl und Erdgas weiter ausbleibt. Das ergibt sich aus entsprechenden Szenarien im neuen «Lancet Countdown» , einem Expertenbericht über Klimawandel und Gesundheit.

Dabei «hat Europa gegenwärtig die höchste Sterberate im Zusammenhang mit extremer Hitze», betont der frankoaustralische Coautor des Reports.

Auch Zecken werden potenziell gefährlicher. Durch ihre Stiche können sie FSME-Viren auf den Menschen übertragen, die Erreger von Hirnhautentzündungen. Die Zahl der Infektionen in der Schweiz steige, sagt der Mediziner Carlos Quinto aus dem Zentralvorstand der FMH, der Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte: «Vor ein, zwei Jahrzehnten hatten wir nur einige FSME-Risikogebiete, doch das hat sich flächendeckend gefüllt.» FSME-frei seien heute nur noch die Höhenlagen.

Gesundheitsgefahren durch fossile Energieträger

Der kommende Weltklimagipfel in Dubai ist bereits der achtundzwanzigste. Erst jetzt gibt es zum ersten Mal einen Konferenztag, der sich ganz den Gesundheitsgefahren durch fossile Energieträger widmet. Die gehen im Übrigen auch von den Luftschadstoffen aus, die bei ihrer Verbrennung entstehen. Laut «Lancet Countdown» verursachen sie Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr.

Dass der Klimawandel nun auch als medizinischer Notfall stärker in den Blick rückt, ist für Martin Röösli ein Hoffnungsschimmer vor den anstehenden Verhandlungen: «Ich denke schon, dass das Gesundheitsargument noch klarer macht, was die Konsequenzen des Klimawandels sind.»

Korrektur-Hinweis

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Die Box «Todesfälle wegen Extremhitze: Höchstwerte in Europa» enthielt eine falsche Quellenangabe.

Den Satz: « Nach Daten der WHO sind zuletzt bis zu 300'000 Menschen pro Jahr im Zusammenhang mit Hitzewellen gestorben.»  haben wir ersetzt.

Neu heisst es: « Eine Studie im  Lancet Planet Health berechnet, dass zwischen 2000 und 2019 weltweit fast 490'000 Menschen pro Jahr im Zusammenhang mit heissen Temperaturen gestorben sind. »

Wissenschaftsmagazin, 18.11.2023, 12:40 Uhr

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