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Lava-Ausbruch in Grindavík
Aus Wissenschaftsmagazin vom 20.01.2024. Bild: IMAGO / Cover-Images
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Islands spektakuläres Projekt Vulkanprognose: Energiegewinn und Sicherheit durch Bohrungen

In Island wollen Forscher und Forscherinnen dem Vulkanausbruch zuvor kommen und direkt in eine unterirdische Magmakammer bohren. Dies mit dem Ziel, die oft ungenauen Vulkanprognosen zu verbessern. Zugleich könnten die Bohrungen Geothermie-Energie in ganz neuen Dimensionen erschliessen.

Vulkanausbrüche lassen sich nur schwer voraussagen. Das hat sich beim kürzlichen Ausbruch im Südwesten von Island am 14. Januar wieder gezeigt. Die Bevölkerung des bedrohten Städtchens Grindavik wurde zwar erfolgreich evakuiert, aber erst sehr spät – in der Nacht, bevor ein brennender Lavastrom einen Teil des Fischerstädtchens zerstörte.

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Archiv: Vulkanausbruch auf Island – Lava erreicht Grindavík
Aus Tagesschau vom 14.01.2024.
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Um künftig genauere Vulkanprognosen machen zu können, müsse man die Magmakammern besser kennen, sagt der isländische Geologe Björn Gudmundsson. In diesen Hohlräumen im Untergrund sammelt sich Magma. Diese glühende Masse quillt zunächst aus dem heissen Erdinnern, wandert dann durch Ritzen und Spalten nach oben und füllt die diversen Magmakammern in Islands Untergrund. Wird dort der Druck zu gross, kann das umliegende Gestein aufbrechen bis an die Erdoberfläche. Es kommt zu einem Ausbruch.

Rein in die Magmakammer

Wir planen erstmals, eine Magmakammer von innen zu untersuchen.
Autor: Björn Gudmundsson Forschungs-NGO «Krafla Magma Testbed»

Magmakammern sind bisher leider Dunkelkammern. Doch will Björn Gudmundsson von der Forschungs-NGO «Krafla Magma Testbed» dies ändern. «Wir planen erstmals, eine Magmakammer von innen zu untersuchen.» In zwei Jahren soll’s losgehen, wie kürzlich der New Scientist berichtete.

Grafische Darstellung einer Magmakammerbohrung und des darüberliegenden Forschungszentrums.
Legende: Mit einer Forschungsstation dieser Art wollen die Forscher die Magmakammern untersuchen. GEORG – Geothermal Research Cluster / Tom Urban

Im Krafla-Vulkangebiet im Nordosten Islands plant die Gruppe eine spektakuläre Bohrung, gut zwei Kilometer tief, direkt in eine Magmakammer hinein. Durchs Bohrloch wollen Gudmundson und sein Team Sonden hinablassen, um zum Beispiel den Druck und die Temperatur in der Tiefe zu messen. «Wir könnten damit sehr aussagekräftige neue Daten gewinnen, um die Vulkanüberwachung zu verbessern.»

Wie gefährlich ist das?

Wenn’s denn gelingt, heisst das. Ist es nicht gefährlich, auf einer Magmakammer herumzustochern? Man könnte womöglich einen Vulkanausbruch triggern. Dieses Risiko hält der Geologe für klein, weil das Bohrloch dafür viel zu schmal sei. Ungleich grösser sei die Hoffnung, besiedelte Vulkangebiete künftig sicherer zu machen.

Zehnmal mehr saubere Energie als bisher

Und mehr noch: Mit einer zweiten Bohrung bis nah an die Magmakammer heran, will das Projektteam auch saubere, CO2 freie Energie gewinnen, und dies nicht zu knapp.

Zwei Wasserdampffontänen steigen von der Bohrstation des IDDP auf.
Legende: Bohrungen des früheren Iceland Deep Drilling Projects mussten 2009 abgebrochen werden, der Bohrkopf blieb im flüssigen Gestein wiederholt stecken. Guðmundur Ómar Friðleifsson

Von einem früheren, abgebrochenen Versuch im Krafla-Testgebiet weiss Björn Gudmundsson, «dass sich über der Magmakammer rund zehnmal mehr Wärme-Energie gewinnen lässt, als es in einem konventionellen Geothermiekraftwerk möglich ist». Das wäre ein Quantensprung in der Energiegewinnung, nicht nur in Island, sondern auch in Vulkangebieten weltweit.

«Zumindest denkbar»

Doch ist das technisch im vorgesehenen Zeitrahmen auch alles machbar? Die Vulkanologin Sara Barsotti vom isländischen Wetterdienst IMO sagt vorsichtig, dass es noch diverse offene Fragen gebe, doch sei es «beim heutigen Entwicklungsstand zumindest denkbar.»

Wissenschaftsmagazin, 20.1.2024, 12:40

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