Schutz der Meere - Die Schweiz und der umstrittene Schatz in der Tiefsee
Kein Abbau von Metallen am Meeresboden – so die klare Botschaft an der UNO-Ozeankonferenz vor wenigen Wochen. Doch eine Firma mit Sitz in der Schweiz unterstützt ein wichtiges Tiefseebergbau-Unternehmen mit viel Geld, Knowhow und einem Spezialschiff.
Das wichtigste Ziel wurde an der UNO-Ozeankonferenz 2025 in Nizza nicht erreicht. Es fehlen aktuell noch neun Staaten, die das Hochseeschutzabkommen ratifizieren. Erst dann würde dieser Vertrag im September in Kraft treten.
Das Hochseeschutzabkommen
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Die Hochsee umfasst schätzungsweise zwei Drittel der Meeresoberfläche. Dennoch gibt es kaum Gesetze zum Schutz dieses riesigen Gebietes. Nach mehrjährigen Verhandlungen haben die Mitgliedstaaten der UNO 2023 darum das Hochseeschutzabkommen verabschiedet. Sobald 60 Mitgliedstaaten dieses Abkommen ratifiziert haben, tritt es in Kraft.
Stand Juni 2025 haben 50 Länder und die EU dieses Abkommen ratifiziert. Den vorgelagerten Schritt, also das Unterzeichnen, haben bereits 137 Parteien getan. Darunter auch die Schweiz. Für die Ratifizierung der Schweiz hat der Bundesrat sein Einverständnis am 15. Januar 2025 gegeben. Nun braucht es noch die Zustimmung des Parlaments. Dieses wird sich frühestens Ende 2026 mit dem Hochseeschutzabkommen befassen.
Das Hochseeabkommen fordert «30 for 30». 30 Prozent der Hochsee soll bis 2030 unter Schutz stehen und durch internationales Recht einklagbar sein.
Aktuell ist nur etwa ein Prozent der Hochsee geschützt.
Weniger Lärm im Meer
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An dieser Konferenz ging es auch um Lärm im Meer. 37 Staaten kommunizierten ihre neu gegründete Koalition gegen Unterwasserlärm. Geleitet wird sie von Panama und Kanada. Und trägt den Namen: «High Ambition Coalition for a Quiet Ocean», also «Ehrgeizige Koalition für einen ruhigen Ozean». 37 Staaten sind Teil der Koalition. Die Mitglieder verpflichten sich mit ihrer Unterschrift zu den vier freiwilligen Massnahmen:
Leisere Schiffe zu entwickeln und einzusetzen
Lärmschutz in Meeresschutzgebiete zu integrieren
Schiffslärm und andere Schäden für Meerestiere zu verringern
Wissen und Technik zu teilen
Neben Panama und Kanada sind bisher 35 Länder beigetragen. Mitglied ist unter anderem Deutschland und Österreich, nicht aber die Schweiz.
Umstrittener Tiefseebergbau
An der Ozeankonferenz positionierte sich die UNO sehr klar zu einem besonders umstrittenen Aspekt des Hochseeschutzes: Sie betonte, es werde bis auf Weiteres keinen legalen Abbau von Metallen am Meeresboden geben. Die zuständige Meeresbodenbehörde arbeitet aktuell an einem Regelwerk zum Tiefseebergbau. Die Schweiz unterstützt gemeinsam mit aktuell 36 weiteren Staaten ein Moratorium.
Legende:
Das Hochseeschutzabkommen fordert: 30 for 30. Also dass bis 2030 30% der Hochsee unter Schutz stehen soll. Die Hochsee beginnt 200 Melien vor der Küste. Und ist bedroht durch Abfall, Übersäuerung, Lärm durch Schiffe und Rohstoffabbau und durch Überfischung.
imago images
Die Stellungnahme der UNO kann durchaus als einen Seitenhieb gegen die USA verstanden werden. Denn der US-amerikanische Präsident hatte Ende April ein Dekret verabschiedet, wonach die USA eigenhändig Lizenzen für den kommerziellen Tiefseebergbau in internationalen Gewässern vergeben kann. Juristen und Seerechts-Expertinnen diskutieren derweil, ob die USA damit das Völkerrecht verletzt.
Link ins Binnenland Schweiz: Wer ist Allseas?
Als wichtigster Anwärter auf eine Abbau-Lizenz aus den USA gilt das kanadische Unternehmen «The Metals Company» (TMC). Pikant daran: Ein Schweizer Unternehmen namens Allseas besitzt 15.8% der Aktien von TMC (Quelle: Jahresbericht TMC von 2024, S 134). Für die Erkundung der Metallvorkommen in der Tiefsee und Abbau-Tests stellt Allseas TMC ausserdem sein riesiges Spezialschiff «Hidden Gem» zur Verfügung.
Legende:
Eine Leihgabe von Allseas
Die TMC darf seit 2023 auch das umgerüstete Bohrschiff als Tiefseebergbauschiff von Allseas nutzen. Dieses Schiff namens «Hidden Gem» ist 228 Meter lang. Auf dieser Länge hätten aufgereiht 12 Lastwagen Platz. Auf der Fläche des Decks wären es etwa 190 Lastwagen.
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Allseas baut und demontiert hauptsächlich Ölplattformen und Windkraftanlagen im Meer und verlegt Pipelines am Meeresboden. Dadurch besitzt sie viel Knowhow für den Tiefseebergbau. Ihren Hauptsitz hat die Allseas-Gruppe in Châtel-Saint-Denis, einem kleinen Dorf im Kanton Fribourg. Seit 2019 ist Allseas wichtige Partnerin und Investorin von TMC.
Rolle des Völkerrechts
Zu den Verstrickungen von Allseas im Tiefseebergbau stellte der grüne Nationalrat Raphaël Mahaim Anfangs Juni eine dringliche Anfrage an den Bundesrat. Konkret wollte er wissen, wie der Bundesrat eine mögliche Verletzung des Völkerrechts und das Risiko einer Rufschädigung der Schweiz einschätzt. Vor wenigen Tagen erhielt er vom Bundesrat eine Antwort.
Die Schweiz unterstütze weiterhin das Moratorium zum Tiefseebergbau. Demnach soll abgewartet werden, bis mehr Studien zu den Folgen eines Abbaus vorliegen. Und: jeglicher Tiefseebergbau in internationalen Gewässern müsse nach den Regeln der internationalen Meeresbodenbehörde erfolgen.
Auszug aus der Antwort des Bundesrates
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«… Der Bund erwartet von den in der Schweiz ansässigen oder tätigen Unternehmen, dass sie ihre gesellschaftliche Verantwortung im In- und Ausland nach international anerkannten Standards und Richtlinien wie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln wahrnehmen. Dazu gehört auch, dass die gesetzlichen Bestimmungen und die Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern eingehalten werden müssen. Darüber hinaus sind die Erwartungen der Gesellschaft zu beachten, die über die rechtlichen Verpflichtungen hinausgehen können. …»
Die vollständige Antwort des Bundesrates wie auch die eingereichten Fragen des Nationalrats finden sich unter parlament.ch
«Die Antwort ist diplomatisch, aber klar», so Raphaël Mahaim. «Sollte TMC mit einer US-amerikanischen Lizenz den kommerziellen Tiefseebergbau starten, verstösst das gegen internationales Recht.»
Welches Land würde nun Völkerrecht verletzen?
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Es stellt sich die Frage, ob die USA mit der Vergabe einer Schürflizenz an ein Unternehmen Völkerrecht verletzen. Und zwar konkret das Seerechtsübereinkommen, welches 1994 in Kraft getreten ist. Abgekürzt wird es mit UNCLOS, was für «United Nations Convention on the Law of the Sea» steht.
Andrin Studer des Schweizerischen Seeschifffahrtsamts betont: «Die USA hat UNCLOS nicht ratifiziert. Somit sind nur diejenigen Bestimmungen für die USA bindend, die zum Völkergewohnheitsrecht gehören.» Ob das der Fall ist, ist nicht einfach einzuschätzen.
Zur Schweiz sagt Andrin Studer: «Die Schweiz hingegen verletzt alleine durch die Beteiligung von Allseas an der Muttergesellschaft TMC nicht das Seerechtsübereinkommen. Denn die Lizenz ginge an die US-amerikanische Tochterfirma von TMC. Und diese ist eine von der Muttergesellschaft und von Allseas unabhängige juristische Entität. Wer die allfälligen Arbeiten für die Tochterfirma durchführen wird und was mit den Rohstoffen nach einer allfälligen Förderung passieren soll, ist noch offen.»
Nationale Gesetze zur Einhaltung von internationalen Bestimmungen zum Schutz der Tiefsee in internationalen Gewässern gibt es für Schweizer Unternehmen grundsätzlich keine. Dies hat das Initiativkomitee der Konzernverantwortungsinitiative gefordert. Doch erreichte diese 2020 zwar knapp das Bevölkerungsmehr, nicht aber das der Stände.
Trotz Dekret der USA findet bis heute kein kommerzieller Tiefseebergbau statt. Für den Fall, dass TMC demnächst eine entsprechende Abbau-Lizenz erhält, wie wird sich die involvierte Schweizer Firma Allseas verhalten? Zieht sie sich aus dem umstrittenen Projekt zurück? Auf Anfrage von SRF wollte das Unternehmen keine Stellung beziehen.
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