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Sternschnuppen im Anflug Warum die Geminiden mehr sind als bloss ein Himmelsspektakel

Zuerst zieht nur ein feiner Lichtstrahl über den Himmel, dann ein zweiter, heller, leicht grünlich. Dann noch einer. Wer in diesen Nächten nach oben schaut, merkt schnell: Es fallen mehr Sternschnuppen als sonst. Die Geminiden, einer der aktivsten Meteorströme des Jahres, erreichen ihre Hochphase.

Der Höhepunkt soll zwar am Morgen des 14. Dezember erreicht sein, sichtbar wird der Strom aber bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag. Unter dunklem Himmel könnten wir dann bis zu 60 Meteore pro Stunde beobachten.

Wie bei allen Meteorströmen kreuzt die Erde dabei eine Staubspur im All – im Fall der Geminiden das Trümmerband des Asteroiden Phaethon. Warum dieser Strom die Forschung besonders fasziniert? Das erfahren Sie jetzt.

1. Die Geminiden stammen von einem Asteroiden – nicht von einem Kometen

Die meisten Meteorströme entstehen aus Kometenschweifen. Die Geminiden dagegen gehen auf den Asteroiden Phaethon zurück – ein felsiges Objekt ohne Eis, das eigentlich keinen Staub abgeben sollte. Dass er es dennoch tut, liegt an seiner extremen Sonnennähe: Die Oberfläche heizt sich auf über 700 Grad auf, das Gestein reisst unter Temperaturspannungen und setzt Splitter frei. Genau diese Partikel verglühen später als Geminiden.

2. Ihre Farben verraten die Chemie des Staubs

Geminiden fallen durch intensive Farben auf. Dahinter steckt ihre chemische Zusammensetzung: Magnesium erzeugt grüne Spuren, Natrium gelbe, Kalzium violette, Eisen orangefarbene. Die Partikel sind zudem besonders kompakt, glühen daher länger und zeigen klarere Spektrallinien als viele andere Meteore. Für die Forschung sind sie ein natürliches Messinstrument: Ihre Farben erlauben Rückschlüsse auf die Mineralogie ihres Ursprungsobjekts Phaethon.

3. Sie sind ungewöhnlich jung – und ihre Aktivität wächst

Die Staubspur der Geminiden ist mit etwa 2000 Jahren eher jung. Im Vergleich zu älteren Meteorströmen ist sie noch dicht, kompakt und strukturiert, weil die Partikel sich noch nicht über grosse Bereiche des Sonnensystems verteilt haben. Gleichzeitig trifft die Erde die Staubspur heute zentraler als früher. Deshalb hat die Aktivität über die Jahrhunderte zugenommen. Für die Forschung ist das ein seltenes Beispiel dafür, wie sich Staubstrukturen im inneren Sonnensystem verschieben und verändern.

Wie sich die Geminiden von anderen Meteorströmen unterscheiden

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Wer sich mit Geminiden beschäftigt, stösst schnell auf weitere Namen wie Perseiden, Quadrantiden oder Ursiden.

Sie gehören ebenfalls zu den regelmässig wiederkehrenden Meteorströmen – sind aber in Herkunft, Intensität und Erscheinungsbild sehr unterschiedlich.

  • Perseiden (August)
    Der bekannteste Strom – und der populärste. Er geht auf den Kometen «Swift Tuttle» zurück, bringt viele helle Meteore und profitiert von Sommernächten, in denen man lange und bequem draussen sitzen, und beobachten kann.
  • Ursiden (Ende Dezember)
    Sie treten kurz nach den Geminiden auf, sind aber deutlich schwächer. Ihr Ursprung ist der Komet «8P/Tuttle». Meist unauffällig, manchmal aber mit kurzen, überraschenden Aktivitätsausbrüchen.
  • Quadrantiden (Anfang Januar)
    Ein Strom mit extrem kurzem, aber intensivem Maximum. Vermutlich stammen sie von einem zerfallenen Objekt, das heute als Asteroid eingestuft wird. Wer das Zeitfenster erwischt, bekommt einen der stärksten Ströme des Jahres zu sehen.
  • Lyriden (April)
    Einer der ältesten bekannten Meteorströme, entstanden aus dem Kometen «Thatcher». Die Aktivität ist moderat, immer wieder treten aber besonders helle Einzelmeteore auf.

Meteorströme sind also keineswegs gleich: Jeder erzählt etwas über die Entstehungsgeschichte seines Ursprungsobjekts – ob Komet oder Asteroid, jung oder alt, stabil oder bereits im Zerfall.

Die Geminiden stechen heraus: Sie liefern derzeit die wichtigsten Hinweise darauf, wie kleine Körper im Sonnensystem unter Hitze, Rotation und Zeit auseinanderbrechen.

4. Sie sind ungewöhnlich langsam

Während Meteore wie die Leoniden mit über 70 Kilometern pro Sekunde in die Atmosphäre rasen, bewegen sich Geminiden mit rund 35 km/s nur etwa halb so schnell. Der Grund: Die Bahn ihres Ursprungsobjekts Phaethon ähnelt der Erdbahn stärker als die steilen Bahnen vieler Kometen. Die Partikel treffen die Atmosphäre daher mit geringerer Geschwindigkeit. Das Ergebnis: Ihre Leuchtspuren bleiben länger sichtbar, wirken ruhiger und sind selbst für ungeübte Beobachtende leicht zu verfolgen.

5. Sie zeigen in Echtzeit, wie kleine Himmelskörper zerfallen

Phaethon ermöglicht Einblicke in Zerfallsprozesse, die bei vielen Asteroiden auftreten, aber selten direkt beobachtet werden können. Dazu gehört die thermische Aufsprengung: Gestein, das sich bei extremer Sonnennähe ausdehnt und wieder zusammenzieht, reisst und setzt Staub frei. Hinweise gibt es auch auf Rotationszerfall – ein Mechanismus, bei dem ein schnell rotierender Körper nach und nach Material verliert. Beide Prozesse bestimmen, wie stabil kleine Himmelskörper sind und wie sie sich über lange Zeit verändern. Die Geminiden machen diese Vorgänge sichtbar, weil ihre Partikel jedes Jahr als Sternschnuppen aufleuchten.

Tipps für Sternschnuppen-Jägerinnen und -Jäger

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  1. Dunkelheit suchen: Am besten fern von Strassenlampen und Siedlungen – selbst kleine Lichtquellen reduzieren die Sichtbarkeit.
  2. Weites Sichtfeld: Nicht direkt in die Zwillinge schauen; Geminiden erscheinen in allen Himmelsbereichen.
  3. Augen anpassen lassen: Rund 20 Minuten ohne helles Licht – erst dann sieht man die schwächeren Meteore.
  4. Bequem bleiben: Liegestuhl, Matte, sehr (!) warme Kleidung. Wer entspannt ist, nimmt mehr wahr.
  5. Beste Uhrzeit: Zwischen 22 und 2 Uhr, wenn der Radiant höher steigt.
  6. Geduld: Aktivität schwankt. Auch längere Pausen gehören dazu.

Radio SRF 3, Meteostory, 11.12.2025, 09:42 Uhr

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