Doch seit der letzten Jahrtausendwende werden die Liebespaare in Opern nun allmählich diverser, und das Repertoire beginnt so, die gesellschaftliche Realität etwas adäquater abzubilden. Einer der Pioniere, der ein fesselndes Werk mit schwulem Protagonistenpaar komponiert hat, ist der Basler Andrea Scartazzini. In der Sendung erzählt er von der Entstehung seines hochdramatischen und gross besetzten «Edward II.» aus dem Jahr 2017 und von dessen musikalischen Besonderheiten.
In St. Gallen feierte 2023 die erste abendfüllende Oper über eine trans Ikone ihre Uraufführung: «Lili Elbe» des US-Amerikaners Tobias Picker. Um die Geschichte der dänischen Landschaftsmalerin authentisch erzählen zu können, arbeitete Picker während des Kompositionsprozesses mit der Baritonistin Lucia Lucas zusammen, welche auch ihre eigenen Erfahrungen einbrachte.
Philipp Venables schliesslich vertonte für die Opernfestivals in Aix-en-Provence und Bregenz ein queeres Kultbuch aus den 1970er-Jahren: «The Faggots & Their Friends Between Revolutions» und schuf damit ein weiteres schillerndes Werk, welches andere Lebenswelten als die heterosexuelle auf die Bühne bringt.
Ein Streifzug durch die queere Operngeschichte bis heute.
Gespielte Werke:
W. A. Mozart: Apollo et Hyacinthus (1767)
K. Szymanowski: Król Roger (1926)
F. Poulenc: Les Mamelles de Tirésias (1947)
B. Britten: Billy Budd (1951)
St. Wallace: Harvey Milk (1995)
P. Eötvös: Angels in America (2004)
R. Gordon: 27 (Kammeroper über Gertrude Stein und Alice B. Toklas, 2014)
Ch. Wuorinen: Brokeback Mountain (2014)
A. Scartazzini: Edward II. (2017)
K. Chemirani: Negar (2022)
P. Venables: The Faggots & Their Friends Between Revolutions (2023)
T. Picker: Lili Elbe (2023)
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Literaturhinweis:
Casta Diva - Der schwule Opernführer
Rainer Falk & Sven Limbeck
Querverlag, 2019